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Sicherer Schweizer Luftraum durch e-Conspicuity: Wie Sichtbarkeit und Technologie die Luftfahrt verändern

Zuletzt aktualisiert am 14. April 2025
Der Schweizer Luftraum gehört zu den komplexesten in Europa: Hier teilen sich Verkehrsflugzeuge, Helikopter, Motorflugzeuge, Segel- und Gleitschirme, Fallschirmspringer und künftig auch Drohnen denselben begrenzten Luftraum – und das in einer topografisch anspruchsvollen Umgebung. Die digitale Sichtbarkeit aller Luftraumnutzer, zusammengefasst unter dem Begriff e-Conspicuity, gewinnt daher zunehmend an Bedeutung. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) treibt diese Entwicklung nun mit einer Umfrage und dem Projekt FASST-CH gezielt voran.

Was ist e-Conspicuity?

Der Begriff e-Conspicuity bezeichnet die Fähigkeit eines Luftfahrzeugs, im Luftraum durch technische Mittel elektronisch sichtbar zu sein. Ziel ist es, Kollisionen zu vermeiden und die Luftlage für alle Beteiligten – Piloten, Fluglotsen, Drohnenbetreiber – möglichst vollständig darzustellen. In einem digitalen Luftraum stellt e-Conspicuity ein zentrales Element für „See and Avoid“ und in Zukunft auch für automatisierte „Sense and Avoid“ Verfahren dar.


Die Ausgangslage in der Schweiz: Viele Systeme, wenig Interoperabilität

In der Schweiz existieren bereits mehrere Technologien zur Umsetzung von e-Conspicuity. Dazu zählen:

  • Transponder (z. B. Mode S)
  • FLARM (vorrangig im Segelflug)
  • FANET/FANET+ (insbesondere bei Hängegleitern und Gleitschirmen)
  • ADS-B, das vor allem im internationalen Kontext Relevanz besitzt
  • Smartphone-basierte Lösungen wie SafeSky

Doch ein zentrales Problem bleibt: Diese Systeme sind nicht miteinander kompatibel. Das bedeutet, ein FLARM-System erkennt kein Flugzeug mit ADS-B – und umgekehrt. Damit entsteht eine fragmentierte Luftraumsicht, die das Risiko unbemerkter Annäherungen erhöht.


Umfrage zeigt breite technische Ausrüstung – und große Unterschiede

Um ein besseres Bild über den aktuellen Einsatzstand von e-Conspicuity-Technologien zu gewinnen, führte das BAZL im Herbst 2024 eine landesweite Umfrage durch. Rund 1.500 Piloten und Pilotinnen aus unterschiedlichen Kategorien nahmen daran teil. Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:

  • 87 % der Befragten verfügen über mindestens ein System zur elektronischen Sichtbarkeit.
  • Bei Helikoptern, Motorflugzeugen und Segelflugzeugen liegt die Quote sogar bei über 95 %.
  • Besonders im Helikopterbereich setzen zwei Drittel der Piloten auf Kombinationen wie Transponder plus FLARM.
  • Bei Hängegleitern dominiert FANET(+) – ein System, das relativ einfach und leichtgewichtig in Gleitschirme integriert werden kann.

Trotz dieser erfreulichen Zahlen gibt es auch Nachholbedarf: 24 % der Hängegleiterpiloten gaben an, gar keine elektronische Sichtbarkeitslösung zu verwenden – ein nicht unerhebliches Sicherheitsrisiko.


Die Zahlen im Detail (Auszug)

KategorieTransponder onlyTransponder + FLARMFLARM/FANET onlyNichts
Hängegleiter0,4 %0,4 %43,3 %24,0 %
Helikopter14,4 %67,8 %12,7 %2,5 %
Motorflugzeuge36,4 %48,6 %9,5 %3,7 %
Segelflugzeuge0,9 %56,3 %40,6 %1,6 %

Diese Daten zeigen eine hohe technische Bereitschaft, machen aber auch die Heterogenität der verwendeten Systeme sichtbar – ein zentrales Hindernis für eine flächendeckend sichere Luftlageerfassung.


Das Projekt FASST-CH: Die digitale Zukunft des Luftraums

Als Antwort auf diese Herausforderungen hat das BAZL das Projekt FASST-CH (Future Aviation Surveillance Services and Technologies in Switzerland) ins Leben gerufen. Es verfolgt das Ziel, eine Roadmap für künftige Überwachungsdienste zu entwickeln und die Grundlage für einen modernen, interoperablen und digitalen Schweizer Luftraum zu schaffen.

FASST-CH ist Teil der übergeordneten Strategie AVISTRAT-CH 2035, die die Digitalisierung der Luftfahrt in der Schweiz langfristig steuern soll. Zentrale Ansätze von FASST-CH:

  • Definition technischer Standards und bevorzugter Systeme
  • Entwicklung eines interoperablen Luftraumüberwachungssystems
  • Abstimmung mit europäischen Partnern, insbesondere EASA, EUROCONTROL und Nachbarstaaten
  • Aufbau eines zukunftsfähigen „See, Sense & Avoid“-Ökosystems, das auch Drohnen integriert

Ein wesentliches Ziel ist es, e-Conspicuity für alle Luftfahrzeugtypen einfach zugänglich zu machen – von der Boeing 737 über das Segelflugzeug bis zum unbemannten Flugobjekt (UAS).


Ausblick: Sicherheit und Effizienz im Einklang

Die Schweiz hat mit dem Projekt FASST-CH und der zugrunde liegenden Umfrage wichtige Schritte hin zu einem digitalen, transparenten und sicheren Luftraum unternommen. Die Herausforderung liegt nun darin, eine gemeinsame technische Basis für alle Luftraumnutzer zu schaffen und dabei praktikable, kosteneffiziente Lösungen zu fördern – insbesondere für den Freizeitflug.

Dabei ist die Einbindung der Luftfahrtgemeinschaft entscheidend: Nur durch Zusammenarbeit von Behörden, Herstellern, Piloten und europäischen Institutionen lässt sich die Vision eines modernen Luftverkehrsraums realisieren.


Quellverweise:
Staysafe.aero

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