Hintergrund: Was bedeutet „ohne Flugverkehrsdienste“?
Flugplätze ohne Flugverkehrsdienste (damit sind alle „kleinen“ unkontrollierten Flugplätze gemeint) verfügen weder über Fluglotsen noch über AFIS, sondern ggfs. nur über einen Flugleiter der aber eben keine Anweisungen geben darf. Siehe hierzu auch unseren Beitrag zu diesem Thema: https://pilot-hub.com/nfl-2024-1-3240-neue-richtlinien-fuer-den-flugfunk-an-unkontrollierten-flugplaetzen-mehr-sicherheit-durch-klare-kommunikation/.
Die Kommunikation erfolgt ausschließlich zwischen Piloten, die ihre Positionen und Absichten per Funk mitteilen. Die Verantwortung für Verkehrsbeobachtung und Kollisionsvermeidung liegt vollständig bei den Luftfahrzeugführern selbst.
Neue Richtlinien in der Praxis: Klarheit durch Standardisierung
Die neue Richtlinie NfL 2024-1-3240 standardisiert die Phraseologie und das Verfahren im Flugplatzbereich. Ziel ist ein einheitliches Verkehrsverhalten, das insbesondere in komplexen Situationen Sicherheit gewährleistet. Grundlage für das Handeln am Platz sind dabei:
- Die Sichtflugkarte (AIP VFR),
- Die gültigen SERA-Regularien (u.a. SERA.3210 zur Ausweichregelung),
- sowie die deutsche Luftverkehrs-Ordnung (§§ 22, 23 LuftVO).
Ein kompakter Praxis-Guide in A5-Format zur Mitnahme im Cockpit wird auf der AERO Friedrichshafen 2025 von der AOPA vorgestellt. Zusätzlich gibt es ein A2-Wandposter für Vereine und Flugplätze.
Zentrale Prinzipien beim Betrieb ohne Flugleitung
- Sicherheit geht vor: Alle Bewegungen (Rollen, Start, Landung) nur, wenn sie als sicher eingeschätzt werden.
- Kommunikation: Positionsmeldungen und Absichten sind klar und rechtzeitig zu funken – auch wenn niemand antwortet.
- Verkehrslagebild: Durch konsequente Kommunikation und Beobachtung entsteht „Situational Awareness“.
- Eigenständige Separierung: Die Staffelung zu anderen Luftfahrzeugen erfolgt in Eigenverantwortung nach Sichtflugregeln.
Standardplatzrunde: Aufbau und Kommunikation
Die Platzrunde ist der Schlüssel zu geordnetem Verkehr. Sie besteht aus:
- Gegenanflug
- Queranflug
- Endanflug
Alle Manöver sollen auf der vorgeschriebenen Platzrundenhöhe erfolgen. Die Sichtflugkarte der AIP VFR gibt die Richtung, Höhe und Besonderheiten vor. Kurven sollen nicht mehr als 30° Querneigung aufweisen, um Strömungsabriss zu vermeiden.
Beispiel für Positionsmeldungen:
- Einflug in Platzrunde (10 NM entfernt):
„Hintertupfing RADIO, Mooney D-EMOO, Position 10 Meilen östlich, 1.500 ft, zur Landung Piste 26.“ - Überflug zur Windsichtung:
„Hintertupfing RADIO, Mooney D-EMOO, Überflug Nord nach Süd in 3.000 ft.“ - Einflug in den Gegenanflug:
„… drehe in den Gegenanflug Piste 26, Nummer 2.“ - Endanflug:
„… drehe in den Endanflug Piste 26, Nummer 2, zur Landung.“ - Nach der Landung:
„… Piste 26 verlassen.“ - Durchstarten:
„… starte durch.“
An- und Abflugbesonderheiten
Ein zentrales Sicherheitsrisiko ist der „Overhead-Approach“, also der Überflug des Platzes zur Landerichtungsbestimmung. Aufgrund des häufigen Windenbetriebs in Deutschland ist dieses Verfahren ausdrücklich zu vermeiden. Stattdessen wird empfohlen, von der gegenüberliegenden Seite der Platzrunde in ausreichender Entfernung und Höhe (z.B. über einen Wegpunkt) in die Platzrunde einzufliegen.
Zusätzliche Regeln:
- Windenstartblinkleuchten beachten!
- Kein Überholen in der Platzrunde.
- Vollkreise sind tabu! Nur außerhalb der Platzrunde erlaubt.
- Durchstarten immer parallel rechts zur Piste, um andere Flugzeuge im Blick zu behalten.
Abflugverfahren
Auch beim Start ist Kommunikation entscheidend:
- Rollmeldung:
„… rolle zum Rollhalt Piste 26“ - Startmeldung:
„… starte, verlasse Platzrunde Richtung Süden“ - Frequenzwechsel:
„… verlasse die Frequenz.“
Vor dem Start: Überprüfung der Start- und Anflugsektoren – Lichter einschalten, ggf. nochmal Windsack und Verkehrslage prüfen.
Ergänzungen für den Segelflug
Für gemischten Betrieb wird für Segelflugzeuge eine ergänzende Meldung empfohlen:
„D-1234, Gegenanflug Piste 26, Position zur Landung.“
So wird auch motorgetriebenen Piloten signalisiert, dass ein landeintensiver Segelflug stattfindet.
Verhaltensregeln für sichere Abläufe
Die AOPA betont zehn einfache, aber wirksame Verhaltensregeln:
- Rausschauen – Augen auf, vor allem in der Platzrunde.
- Funk nutzen – Position und Absichten rechtzeitig ankündigen.
- Zuhören – Wer spricht wann? Welche Maschinen sind im Anflug?
- Gute Flugvorbereitung – Karten, NOTAMs, lokale Verfahren.
- Defensiv fliegen – Keine riskanten Manöver.
- Platzrunden einhalten – Höhen, Richtungen, Meldepunkte.
- Lichter an! – Für bessere Sichtbarkeit im Umfeld.
- Vorflugrecht kennen – SERA.3210 gibt die Regeln vor.
- Ablenkung minimieren – Checklisten und Geräte vorab einstellen.
- Lärmvermeidung – Steigen mit Vy, keine unnötigen Schleifen.
REACT – Merkwort für das sichere Fliegen
Die AOPA Germany empfiehlt das Akronym REACT als Gedächtnisstütze:
- Radio – Funk aufmerksam verfolgen
- Eyes – Ausschau halten
- Announce – Position und Absichten melden
- Courtesy – Rücksicht nehmen
- Traffic Pattern – Platzrunde einhalten und Verfahren beachten
Fazit: Mehr Verantwortung – aber auch mehr Sicherheit
Die neuen Regelungen geben Piloten an unkontrollierten Flugplätzen klare Leitlinien. Durch Standardisierung, saubere Kommunikation und Rücksichtnahme kann auch ohne Flugleitung ein hohes Maß an Sicherheit gewährleistet werden. Die Informationen, wie sie von der AOPA Germany, der IG FoF und weiteren Institutionen aufbereitet wurden, sind ein wertvoller Beitrag zur gelebten Flugsicherheit.
Quellverweise:
AOPA