Geltungsbereich und betroffene Flughäfen
Die Regelungen gelten für die Flugverkehrskontrolle an den folgenden Flugplätzen:
- Berlin Brandenburg, Bremen, Dresden, Düsseldorf, Erfurt-Weimar, Frankfurt Main, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig/Halle, München, Münster/Osnabrück, Nürnberg, Saarbrücken und Stuttgart.
Definitionen: Wichtige Begriffe
Die neuen Verfahren definieren mehrere zentrale Begriffe, die den Betrieb bei geringer Sicht präzisieren:
- Low Visibility Operations (LVO):
Flugbetrieb bei Pistensichtweiten (RVR, Runway Visual Range) von weniger als 550 Metern und/oder bei einer Entscheidungshöhe (DH) von weniger als 200 Fuß. - Low Visibility Take-Off (LVTO):
Starts bei Pistensichtweiten unter 550 Metern. - Guided Take-Off:
Startverfahren, bei dem der Startlauf zusätzlich mithilfe von Instrumenten (z. B. ILS-Landekurssender) unterstützt wird. Dieses Verfahren wird bei RVRs zwischen 75 und 125 Metern angewendet. - Low Visibility Procedures (LVP):
Spezielle Verfahren an Flughäfen, um den sicheren Betrieb bei eingeschränkter Sicht zu gewährleisten. - Sichtbedingungen Stufe 3:
Rollfeldabschnitte mit Sichtweiten von 300 Metern oder weniger, bei denen Mindestabstände zwischen Luftfahrzeugen und Fahrzeugen auf dem Rollfeld eingehalten werden.
Verfahren bei geringer Sicht
Die neuen Regelungen umfassen mehrere operative Anpassungen, die speziell für eingeschränkte Sichtverhältnisse entwickelt wurden:
- ILS-Schutzmaßnahmen:
- Sensitive und Critical Areas der ILS-Anlagen müssen frei von Fahrzeugen, Personen und mobilen Geräten gehalten werden.
- Lichtanlagen:
- Aktivierung der Pistenmittellinienbeleuchtung.
- Abschaltung der Gleitwinkelbefeuerung (Gleitpfadanzeigen).
- Abschaltung von EFAS (Enhanced Flight Awareness System) bei RVRs von ≤ 600 Metern.
- Notstromversorgung:
- Sicherstellung der sofortigen Verfügbarkeit von optischen und nicht-optischen Landehilfen, falls erforderlich.
- Start- und Landeverfahren:
- Einsatz der CAT-II- und CAT-III-Verfahren für Landungen.
- Nutzung der Pisten auch für Low Visibility Take-Offs (LVTO), sofern diese im Luftfahrthandbuch (AIP) entsprechend gekennzeichnet sind.
Betriebsszenarien und Schwellenwerte
Die Anwendung der neuen Verfahren richtet sich nach der Pistensichtweite (RVR) und der Hauptwolkenuntergrenze (HCH):
- Pistensichtweite ≤ 1000 Meter und/oder HCH ≤ 300 Fuß:
- Aktivierung der Notstromversorgung.
- Freihalten der ILS-Schutzbereiche.
- Pistensichtweite ≤ 600 Meter und/oder HCH < 200 Fuß:
- Erweiterte Maßnahmen, wie die Deaktivierung der Gleitwinkelbefeuerung und Aktivierung spezieller Beleuchtungssysteme.
Sicherheitsmaßnahmen und Verkehrskontrolle
Bei Sichtbedingungen unter 300 Metern (Stufe 3) kommen zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zum Einsatz:
- Gewährleistung von Mindestabständen zwischen Luftfahrzeugen und Fahrzeugen.
- Nutzung spezieller Rollverfahren, die auf Instrumenten- und visuellen Hilfsmitteln basieren.
Fluglotsen tragen in diesen Szenarien eine erhöhte Verantwortung, um die Staffelung und Koordination zwischen den Flugzeugen sicherzustellen.
Besonderheiten bei Starts bei geringer Sicht
Guided Take-Off:
Bei einer RVR von 75 bis 125 Metern ist ein „Guided Take-Off“ möglich, bei dem der Startlauf zusätzlich durch Instrumentensignale unterstützt wird. Dieses Verfahren stellt sicher, dass der Pilot trotz extrem eingeschränkter Sicht die Rollbahn sicher nutzen kann.
Fazit
Die neuen Regelungen der DFS verbessern die Sicherheit und Effizienz des Flugbetriebs bei eingeschränkten Sichtverhältnissen. Sie ermöglichen es, Starts und Landungen auch unter herausfordernden Wetterbedingungen durchzuführen, ohne Kompromisse bei der Sicherheit einzugehen. Piloten und Fluglotsen müssen sich mit den neuen Verfahren vertraut machen, um die komplexen Anforderungen bei geringer Sicht zu bewältigen. Die Änderungen markieren einen wichtigen Schritt in der Optimierung der Flugverkehrskontrolle an deutschen Flughäfen.
Quellverweise:
NFL (der Link erfordert ein Abo bei Eisenschmidt)