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NFL 2024-1-3278 – Neue Regelungen für Sichtabflüge nach Instrumentenflugregeln (IFR)

Zuletzt aktualisiert am 8. Dezember 2024
Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) hat am 25. November 2024 neue Vorschriften für die Durchführung von Sichtabflügen (Visual Departures) nach Instrumentenflugregeln (IFR) veröffentlicht. Diese Bekanntmachung definiert die besonderen Voraussetzungen, unter denen Sichtabflüge in Deutschland durchgeführt werden dürfen, und legt detaillierte Verfahren sowie lokale Beschränkungen fest.

Was ist ein Sichtabflug nach IFR?

Ein Sichtabflug ist ein IFR-Abflug, bei dem das Luftfahrzeug – unter Beibehaltung der Erdsicht – ganz oder teilweise von den festgelegten IFR-Abflugverfahren abweicht. Ziel dieser Methode ist es, unter spezifischen Bedingungen eine flexible und sichere Abflugoption zu ermöglichen.


Voraussetzungen für Sichtabflüge

Die Durchführung eines Sichtabflugs ist an mehrere Bedingungen geknüpft, die sowohl die Wetterverhältnisse als auch die Verantwortung des Piloten betreffen:

  1. Wetterbedingungen:
    • Die Hauptwolkenuntergrenze und Bodensicht müssen ausreichend sein, um die Hindernisfreiheit bis zur Sektormindesthöhe (MSA) zu gewährleisten.
  2. Tageslicht:
    • Sichtabflüge sind ausschließlich tagsüber erlaubt.
  3. Verantwortung des Piloten:
    • Der Pilot trägt die alleinige Verantwortung für die Hindernisfreiheit bis zur festgelegten Flughöhe.
    • Weitere Freigaben für Strecke, Steuerkurs oder bestimmte Punkte werden von der Flugverkehrskontrolle erteilt.
  4. Kommunikation:
    • Der Pilot kann einen Sichtabflug anfordern oder auf Vorschlag der Flugverkehrskontrolle akzeptieren, indem er die Freigabe korrekt zurückliest.
  5. Staffelung:
    • Die Flugverkehrskontrolle ist für die Staffelung zwischen Sichtabflügen und anderen Luftfahrzeugen gemäß der Luftraumklassifizierung verantwortlich.

Beispiele für Sichtabflüge

Die Kommunikation und Verfahren für Sichtabflüge werden durch Standardbeispiele verdeutlicht:

  • Beispiel 1: „When airborne, turn left direct KNG, maintain visual reference to terrain until passing 2000 feet.“
  • Beispiel 2: „When airborne, fly heading 190, maintain visual reference to terrain until passing 1600 feet.“

Einschränkungen und Besonderheiten

Sichtabflüge sind grundsätzlich an allen deutschen Verkehrsflughäfen erlaubt, können jedoch durch örtliche Flugbeschränkungen (z. B. Lärmschutzregelungen) eingeschränkt werden. Zudem gelten spezielle Regeln bei ungeplanten Ausfällen:

  1. Navigationshilfe nicht verfügbar:
    • Sichtabflüge können als Alternative durchgeführt werden.
  2. Instrumentenabflugverfahren nicht verfügbar:
    • Wenn alle veröffentlichten Verfahren ausfallen, kann ein Sichtabflug durchgeführt werden.
  3. Signifikantes Wetter (z. B. Gewitter):
    • Sichtabflüge sind unter diesen Bedingungen möglich, sofern die Sicherheit gewährleistet ist.

Spezielle Regelungen an Verkehrsflughäfen

An bestimmten deutschen Verkehrsflughäfen gelten zusätzliche Einschränkungen für Sichtabflüge. Hier eine Übersicht der wichtigsten Regelungen:

  • Berlin Brandenburg (EDDB): Nur für max. zweimotorige Propellerflugzeuge und DHC-7.
  • Dresden (EDDC): Nur für Luftfahrzeuge der Kategorien LIGHT und MEDIUM.
  • Dortmund (EDLW): Nur für Propellerflugzeuge bis 5,7 t MTOW.
  • Frankfurt (EDDF): Nur für max. zweimotorige Propellerflugzeuge und DHC-7.
  • München (EDDM): Nur für max. zweimotorige Propellerflugzeuge und DHC-7.
  • Stuttgart (EDDS): Nur für Propellerflugzeuge bis 5,7 t MTOW und Hubschrauber.

Fazit

Die neuen Regelungen für Sichtabflüge nach IFR bringen mehr Flexibilität in den Abflugprozess und fördern die effiziente Verkehrsabwicklung an deutschen Flughäfen. Gleichzeitig fordern sie von Piloten eine hohe Verantwortung für die Einhaltung der Hindernisfreiheit und die korrekte Umsetzung der Verfahren. Flugverkehrskontrollstellen unterstützen durch präzise Kommunikation und die Bereitstellung von Wetterinformationen.

Piloten und Flugverkehrskontrolleure sind angehalten, sich mit den neuen Vorschriften vertraut zu machen, um die Sicherheit und Effizienz im Luftverkehr zu gewährleisten. Die Bekanntmachung unterstreicht die Bedeutung klarer Verantwortlichkeiten und die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen Piloten und Flugverkehrskontrolle.


Quellverweise:
NFL (der Link erfordert ein Abo bei Eisenschmidt)

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