Warum wurde der Luftraum C um Berlin abgesenkt?
Der Luftraum C umfasst in Deutschland kontrollierte Bereiche, in denen Instrumentenflugzeuge Vorrang haben. In diesen Gebieten dürfen nur Luftfahrzeuge mit einer expliziten Freigabe der Flugsicherung einfliegen.
Rund um große Verkehrsflughäfen wie den BER ist der Luftraum C von besonderer Bedeutung, da dort Langstreckenjets, Mittelstreckenflugzeuge und Geschäftsflugzeuge in niedriger Höhe auf ihren Anflug- oder Abflugrouten unterwegs sind.
Problematik vor der Absenkung
Vor der Absenkung des Luftraums C auf 1.500 Fuß AGL (Above Ground Level) kam es immer wieder zu Luftraumverletzungen durch VFR-Piloten, die versehentlich oder absichtlich in diesen kontrollierten Luftraum einflogen.
- Im Jahr 2023 wurden 86 Luftraumverletzungen registriert.
- In einigen Fällen führten diese Vorfälle zu potenziell gefährlichen Annäherungen zwischen VFR- und IFR-Verkehr.
- Besonders betroffen waren die Verkehrsflughäfen Saarmund (EDCS), Schönhagen (EDAZ) und Strausberg (EDAY), die sich in der unmittelbaren Nähe des Berliner Luftraums befinden.
Ziel der Maßnahme: Durch die Absenkung der Untergrenze sollte ein größerer Sicherheitspuffer entstehen, der es den Fluglotsen ermöglicht, früher in kritische Situationen einzugreifen.
Aktuelle Situation: Luftraumverletzungen weiter auf hohem Niveau
Nach der Absenkung des Luftraums C erwarteten viele eine deutliche Verbesserung der Situation. Doch ein Blick auf die aktuellen Zahlen für 2024 zeigt, dass das Problem nicht verschwunden ist.
- 89 Luftraumverstöße wurden 2024 registriert – drei mehr als im Vorjahr.
- 50 % der Verstöße wurden durch Flugzeuge der Echo-Klasse (Allgemeine Luftfahrt, einmotorige Maschinen) verursacht.
- 17 % der Verstöße gingen auf das Konto von Ultraleichtflugzeugen (Kennzeichen DM-…).
- Die restlichen Verstöße entfielen auf andere Luftfahrzeugklassen, die nicht näher ausgewiesen wurden.
Ein kleiner Sicherheitsgewinn trotz negativer Bilanz
Trotz der weiterhin hohen Zahl an Luftraumverletzungen gab es durch die Maßnahme einen entscheidenden Vorteil für die Sicherheit.
- Die Fluglotsen konnten nun früher eingreifen und gefährliche Situationen entschärfen.
- Anfliegender IFR-Verkehr wurde früher umgeleitet oder zum Abbruch des Sinkfluges aufgefordert, wenn ein Eindringen eines VFR-Flugzeugs bemerkt wurde.
- Die DFS arbeitet verstärkt mit dem Fluginformationsdienst (FIS) sowie mit den benachbarten Flugplätzen, um Piloten schnellstmöglich über eine Luftraumverletzung zu informieren und sie aus dem Luftraum C zu leiten.
Trotz dieser Verbesserungen bleibt die Frage offen: Warum kommt es weiterhin so häufig zu Luftraumverletzungen über Berlin?
Gründe für die hohe Zahl an Luftraumverletzungen
Der Berliner Luftraum gehört zu den komplexesten Flugräumen Deutschlands. Mehrere Faktoren tragen dazu bei, dass es weiterhin zu unerlaubten Einflügen in den Luftraum C kommt.
1. Hohe Verkehrsdichte und komplizierte Strukturen
- Rund um Berlin gibt es zahlreiche kleine Flugplätze, die intensiv für Schulungsflüge und Privatflüge genutzt werden.
- Besonders in der Nähe von Schönhagen, Strausberg und Saarmund kann es schnell zu Navigationsfehlern kommen.
2. Unklare Funkkommunikation oder fehlende Anfragen
- Viele Piloten, besonders aus der privaten Luftfahrt, holen keine Freigabe ein, weil sie sich nicht bewusst sind, dass sie sich dem Luftraum C nähern.
- Unklare Positionsangaben oder keine Funkverbindung zur Flugsicherung führen dazu, dass Verstöße erst spät erkannt werden.
3. Nutzung von GPS ohne genaue Vorbereitung
- Moderne GPS-Systeme sind zwar nützlich, doch nicht jeder Pilot überprüft seine Route sorgfältig vor dem Flug.
- Eine kleine Abweichung vom geplanten Kurs kann dazu führen, dass sich ein Pilot unbemerkt in den Luftraum C bewegt.
4. Fehlende Erfahrung und Schulung
- Besonders wenig erfahrene VFR-Piloten oder Schüler in der Ausbildung haben Schwierigkeiten, sich in den komplexen Berliner Luftraumstrukturen zurechtzufinden.
- Nicht jeder ist ausreichend mit der Luftraumstruktur und den notwendigen Verfahren vertraut.
Lösungsansätze: Was kann getan werden?
Um die Zahl der Luftraumverletzungen zu reduzieren, sind weitere Maßnahmen notwendig.
- Bessere Schulung und Sensibilisierung von VFR-Piloten
- Flugschulen sollten verstärkt auf die Herausforderungen im Berliner Luftraum eingehen.
- Neue Technologien wie Geofencing-Warnsysteme in Flug-Apps könnten helfen.
- Verbesserte Funkkommunikation
- Piloten sollten ermutigt werden, sich regelmäßig mit FIS oder DFS in Verbindung zu setzen, um Unsicherheiten zu vermeiden.
- Bessere Flugplanung und Nutzung moderner Navigationshilfen
- Wer in der Nähe von Luftraum C fliegt, sollte sich vorher mit der aktuellen Luftraumstruktur vertraut machen.
- Ein zweites Backup-Navigationssystem kann helfen, sich genauer zu orientieren.
Fazit: Mehr Sicherheit, aber weiterhin große Herausforderungen
Die Absenkung des Luftraums C über Berlin auf 1.500 Fuß hat zwar einen besseren Sicherheitspuffer geschaffen, doch die Zahl der Luftraumverletzungen ist weiterhin hoch.
- Die Ursachen sind vielfältig: Hohe Verkehrsdichte, Navigationsfehler und mangelnde Funkkommunikation spielen eine zentrale Rolle.
- Die Flugsicherung kann nun früher eingreifen, was die Sicherheit erhöht – aber nicht das Problem löst.
- Weitere Maßnahmen sind notwendig, um Piloten besser auf die Berliner Luftraumstruktur vorzubereiten.
Hoffentlich zeigen neue Schulungskonzepte und verbesserte Technologien Wirkung, damit die Zahl der Verstöße in der Saison 2025 deutlich sinkt. Die Sicherheit aller Luftverkehrsteilnehmer sollte oberste Priorität haben.
Quellverweise:
Fliegermagazin