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Cirrus Aircraft verweigert Freigabe für bleifreies AVGAS G100UL – Materialprobleme und Sicherheitsbedenken

Zuletzt aktualisiert am 22. Februar 2025
Die allgemeine Luftfahrt steht vor einem bedeutenden Wandel: Der Übergang zu bleifreiem Flugkraftstoff ist eine zentrale Herausforderung, die sowohl aus ökologischen als auch regulatorischen Gründen immer mehr an Bedeutung gewinnt. Einer der vielversprechendsten Kandidaten, G100UL von General Aviation Modifications, Inc. (GAMI), hat in den letzten Jahren intensive Tests durchlaufen. Nun sorgt eine Entscheidung von Cirrus Aircraft für Diskussionen: Der Hersteller verweigert die Freigabe von G100UL für seine SR-Serie und verweist auf Sicherheitsbedenken und Materialunverträglichkeiten.

Hintergrund: Warum wird bleifreies AVGAS benötigt?

Seit Jahrzehnten wird in der allgemeinen Luftfahrt AVGAS 100LL als Standardtreibstoff verwendet, der jedoch einen erheblichen Nachteil hat: Er enthält Tetraethylblei, das zur Erhöhung der Klopffestigkeit dient, aber umweltschädlich ist. Die Luftfahrtbehörden weltweit fordern deshalb Alternativen, die die gleichen Leistungsmerkmale aufweisen, aber umweltfreundlicher sind.

GAMI’s G100UL ist eines der ersten vollständig bleifreien AVGAS-Produkte, das eine FAA-Zulassung (STC – Supplemental Type Certificate) erhalten hat. Dennoch gibt es erhebliche Bedenken hinsichtlich der Langzeitverträglichkeit mit bestehenden Flugzeugkomponenten.

Testphasen und Probleme: Cirrus identifiziert Materialunverträglichkeiten

Cirrus Aircraft beteiligt sich aktiv an der Evaluierung alternativer Kraftstoffe und hat umfangreiche Labortests sowie Flugversuche mit G100UL durchgeführt. Dabei traten Probleme mit der Materialbeständigkeit der Treibstoffsysteme auf.

Die Tankabdichtung von Flugzeugen der SR-Serie zeigte laut Cirrus erhebliche Verschleißerscheinungen, wenn sie mit G100UL in Kontakt kam. Diese Erkenntnisse wurden in enger Zusammenarbeit mit der FAA, GAMI, sowie den Triebwerksherstellern Continental und Lycoming gewonnen. Das Ergebnis: Der Kraftstoff könnte potenziell die Lufttüchtigkeit der Flugzeuge beeinträchtigen.

Folgen der Entscheidung von Cirrus:

  • Cirrus untersagt derzeit die Verwendung von G100UL in Flugzeugen der SR-Serie.
  • Garantie- und Gewährleistungsansprüche erlöschen, wenn Betreiber G100UL verwenden.
  • Die Hersteller Continental und Lycoming haben bestätigt, dass ihre Motoren nur mit zugelassenen Kraftstoffen betrieben werden dürfen, um Garantieansprüche nicht zu verlieren.

GAMI selbst sieht die Bedenken als übertrieben und verweist darauf, dass G100UL bereits umfangreiche Tests durchlaufen hat. Die Hersteller betonen, dass ihre eigenen Prüfungen keine negativen Auswirkungen auf Materialverträglichkeit zeigten.

Wie geht es weiter? Alternative Kraftstoffe im Blick

Die allgemeine Luftfahrt benötigt dringend eine Lösung für den Ausstieg aus dem verbleiten AVGAS 100LL. Neben G100UL werden derzeit zwei weitere bleifreie Kraftstoffe geprüft:

  • UL100E von LyondellBasell/VP Racing
  • Swift 100R von Swift Fuels

Diese Kraftstoffe werden durch das FAA-Programm EAGLE (Eliminate Aviation Gasoline Lead Emissions) unterstützt. Cirrus selbst setzt auf einen umfassenden Evaluierungsprozess und betont, dass die Sicherheit seiner Flugzeuge oberste Priorität hat.

Shell bringt 100VLL nach Europa – eine kurzfristige Alternative?

Während der vollständige Übergang zu bleifreien Kraftstoffen noch Zeit benötigt, hat Shell Aviation angekündigt, dass 100VLL (Very Low Lead) ab April 2024 an europäischen Flughäfen verfügbar sein wird. Cirrus bestätigt, dass dieser Treibstoff problemlos in der SR-Serie verwendet werden kann, da er den bestehenden ASTM D910-Standards für verbleites AVGAS entspricht.

Fazit: Ein schwieriger, aber notwendiger Übergang

Die Diskussion um G100UL zeigt, dass die Umstellung auf bleifreien Kraftstoff für die allgemeine Luftfahrt kein einfacher Prozess ist. Hersteller wie Cirrus müssen sicherstellen, dass neue Treibstoffe nicht nur leistungsfähig, sondern auch kompatibel mit bestehenden Flugzeugkomponenten sind. Während GAMI weiterhin an einer breiten Akzeptanz für G100UL arbeitet, bleibt abzuwarten, welcher bleifreie Kraftstoff sich langfristig durchsetzen wird.t.


Quellverweise:
Flieger.News

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