Ziele der Reform – Theorie und Praxis
Die Verordnung hatte vier Hauptziele:
- Zugänglichkeit der Flugplätze verbessern – Flugplätze sollten einfacher nutzbar sein und unnötige Hürden für Piloten abgebaut werden.
- Internationale Standards berücksichtigen – Anflüge und Betriebsabläufe sollten an international etablierte Gepflogenheiten angepasst werden.
- Bürokratie abbauen – Verwaltungsaufwand und Dokumentationspflichten sollten reduziert werden.
- Regulierung vereinfachen – Statt detaillierter Vorgaben sollten zielbasierte Regeln eingeführt werden, die den Flugplatzbetreibern mehr Flexibilität lassen.
Die große Frage ist nun: Wurden diese Ziele tatsächlich erreicht?
Erste Erfahrungen aus der Praxis
Flugplätze zeigen großes Interesse
Seit der Einführung der neuen Regelung haben zahlreiche Flugplätze Anträge auf Betrieb ohne Flugleiter gestellt, einige haben bereits eine Genehmigung erhalten. Dies ist ein erster wichtiger Schritt in Richtung einer besseren Erreichbarkeit. Dennoch befinden sich viele Plätze noch in einer Testphase und operieren nur mit eingeschränkten Prior Permission Required (PPR)-Zeiten. Viele Betreiber hoffen, dass sich nach der ersten vollen Flugsaison eine weitergehende Liberalisierung ergeben wird, die auch eine generelle PPR-Erteilung sowie die Öffnung für Gastflugzeuge ermöglicht.
Unterschiedliche Umsetzung durch Behörden
Während einige Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Hessen als Vorreiter agieren und zügig Genehmigungen erteilen, sind andere Regionen restriktiver.
- Positive Entwicklungen:
- Die Vorreiter-Bundesländer haben eigene Leitfäden entwickelt, die den Flugplätzen maximale Flexibilität ermöglichen.
- Die Behörden dieser Bundesländer betonen in ihren Handreichungen ausdrücklich, dass das Fliegen ohne Flugleiter als Normalzustand und nicht als Sonderfall betrachtet wird.
- Dieses Vorgehen entspricht den zielbasierten Vorschriften der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) und zeigt, dass ein praxisnaher Ansatz möglich ist.
- Probleme in anderen Bundesländern:
- Einige Behörden verlangen tägliche Bahnkontrollen, selbst auf Flugplätzen mit Betonpisten, mit der Begründung, Wildschweinschäden verhindern zu wollen. Dies erscheint in vielen Fällen wenig praxisnah.
- Andere Behörden schließen Gastflugzeuge kategorisch aus, da sie das Fliegen ohne Flugleiter weiterhin als Ausnahme betrachten.
- Teilweise werden nur befristete Genehmigungen erteilt oder gar der Mischbetrieb von Flugzeugen auf Flugplätzen mit nur einer Piste untersagt.
- Besonders kurios: Während einige Behörden Schulbetrieb ausdrücklich befürworten, weil Flugschüler den Umgang mit dem System lernen sollen, verbieten andere den Schulbetrieb ohne Flugleiter komplett.
Diese divergierenden Interpretationen zeigen, dass es noch viel Nachbesserungsbedarf gibt, insbesondere um eine einheitliche, sachgerechte Umsetzung sicherzustellen.
Bürokratieabbau bleibt hinter den Erwartungen zurück
Ein weiteres großes Ziel der Reform war es, bürokratische Hürden zu reduzieren. Doch in der Realität zeigt sich, dass die gewünschten Erleichterungen bislang nur teilweise umgesetzt wurden:
- Nachweispflichten für Bahnkontrollen bestehen weiterhin – unabhängig davon, ob sie in jedem Fall sinnvoll sind.
- Hauptflugbücher und Betriebskonzepte müssen weiterhin geführt werden, obwohl die digitale Dokumentation längst Alternativen bietet.
- Es stellt sich die berechtigte Frage: Warum ist im Straßenverkehr kein zentrales Fahrtenbuch nötig, während für Flugplätze weiterhin umfassende Dokumentationspflichten bestehen?
Hier gibt es noch erheblichen Handlungsbedarf, um die Regulierungen praxisfreundlicher zu gestalten.
Was muss sich weiter verbessern?
Die Analyse zeigt, dass die Reform des Flugbetriebs ohne Flugleiter in manchen Bereichen bereits positive Auswirkungen hat, in anderen aber noch Optimierungsbedarf besteht.
- Bessere Verfügbarkeit von Flugplätzen
- Nach der Pilotphase sollten die PPR-Regelungen gelockert werden, damit mehr Flugplätze ohne Einschränkungen nutzbar sind.
- Akzeptanz der neuen Abläufe
- Piloten und Flugplatzhalter müssen sich daran gewöhnen, Verkehrskoordination eigenverantwortlich durchzuführen, ohne sich auf einen Flugleiter zu verlassen.
- Weniger Bürokratie
- Dokumentationspflichten sollten auf das wirklich Wesentliche reduziert werden.
- Einheitliche Umsetzung durch die Behörden
- Behörden müssen sich an die NfL 2024-1-3106 halten und dürfen nicht durch restriktive Sonderregelungen den Geist der Reform aushebeln.
- Es braucht eine klarere Kommunikation, dass das Fliegen ohne Flugleiter der Normalfall und nicht die Ausnahme ist.
- Mehr Vertrauen in die Flugplatzbetreiber
- Die Verantwortlichen vor Ort wissen selbst am besten, welche Risiken bestehen und wie sie angemessen gemanagt werden können. Behörden sollten sich auf zielorientierte Vorgaben beschränken, anstatt übermäßige Detailregulierungen zu schaffen.
Fazit
Die Einführung der neuen Regelung für das Fliegen ohne Flugleiter war ein wichtiger Schritt in Richtung einer modernen und flexiblen Luftfahrtregulierung. Erste Erfahrungen zeigen, dass viele Flugplätze von der Möglichkeit Gebrauch machen und sich bereits erste positive Effekte abzeichnen. Allerdings gibt es weiterhin erhebliche regionale Unterschiede in der Umsetzung, die den Fortschritt ausbremsen.
Während einige Bundesländer die neue Regulierung als Chance für eine praxisnahe Luftfahrtentwicklung begreifen, halten andere an alten Strukturen fest und schaffen durch zusätzliche Hürden eine unnötige Verkomplizierung.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob sich die positiven Entwicklungen fortsetzen und ob die Behörden die nötigen Anpassungen vornehmen, um das Fliegen ohne Flugleiter wirklich als Standardmodell zu etablieren. Die Hoffnung bleibt, dass die ursprünglichen Ziele der Reform konsequent umgesetzt werden – zum Wohle der Piloten, Flugplätze und der Allgemeinen Luftfahrt insgesamt.
Quellverweise:
AOPA