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Sicherheitslage der Schweizer Zivilluftfahrt 2024: Mehr Vorfälle, neue Herausforderungen – und gezielte Prävention

Zuletzt aktualisiert am 13. Juni 2025
Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) hat im Annual Safety Report 2024 eine umfassende Analyse der Sicherheitslage in der Schweizer Zivilluftfahrt veröffentlicht. Die Zahlen zeigen einen deutlichen Anstieg der gemeldeten sicherheitsrelevanten Vorfälle – auf 12.751 Meldungen, was einem Zuwachs gegenüber dem Vorjahr von rund 20 % entspricht. Besonders auffällig sind die Zunahmen bei GPS-Störungen, Vorfällen mit auffälligen Passagieren und Beinahekollisionen. Der Bericht zeigt: Der Luftverkehr wird komplexer – und das BAZL reagiert mit einer weiterentwickelten Sicherheitsstrategie.

Mehr Vorfälle – aber auch bessere Meldekultur

Seit dem Jahr 2019 steigt die Zahl der Vorfallmeldungen kontinuierlich. Die Gründe dafür sind vielschichtig:

  • Zunahme des Luftverkehrs auf das Vor-COVID-Niveau
  • Professionalisierte Meldekultur, auch in der Freizeitfliegerei
  • Globale Konfliktherde, die zu großflächigen GPS-Störungen führen

Die gestiegene Meldebereitschaft ist aus Sicht des BAZL ein Fortschritt: Denn nur durch präzise Vorfalldaten lassen sich Risiken erkennen, analysieren und präventive Maßnahmen entwickeln.


Statistische Highlights 2024 – Ausgewählte Entwicklungen im Überblick

Im Jahr 2024 verzeichnete das BAZL unter anderem folgende sicherheitsrelevante Entwicklungen:

  • +40 % GPS-Störungen im Vergleich zum Vorjahr – häufig verursacht durch militärische Aktivitäten in Krisenregionen oder gezielte Störsender
  • +20 % Beinahezusammenstöße in der Luft, insbesondere in Lufträumen mit hohem Verkehrsaufkommen oder unklaren Kommunikationsstrukturen
  • +21 % Flugzeugbeschädigungen am Boden, u. a. durch Bodenfahrzeuge oder Handlingfehler
  • +32 % Start-/Landebahnkonflikte („Runway Incursions“), oft durch Missverständnisse bei Freigaben
  • +13 % Wildtierkollisionen, vor allem mit Vögeln im Anflugbereich
  • +8 % Verladefehler, u. a. falsche Gewichtverteilung im Frachtraum
  • Zunahme von Laserattacken auf Flugzeuge im Anflug – ein besonders gefährliches Phänomen, da die Blendwirkung Piloten in kritischen Flugphasen gefährden kann
  • Konstante Anzahl an Drohnenkonflikten, was auf wirksame Sensibilisierung und Regulierung hinweist

Zudem wurden vier tödliche Unfälle gemeldet:

  • Ein Todesfall in der kommerziellen Luftfahrt
  • Drei Unfälle in der Freizeitfliegerei, bei denen insgesamt sechs Menschen starben
  • Ein schwerer Helikopterunfall mit einem Todesopfer und einem Schwerverletzten infolge einer Kollision mit einem Stromkabel

Systematisches Vorgehen: Aus Analyse wird Prävention

Das BAZL verarbeitet alle eingehenden Vorfälle systematisch nach den fünf zentralen Sicherheitsbereichen:

  1. Flugbetrieb
  2. Flugplätze
  3. Flugsicherung
  4. Helikopter
  5. Flugtechnik

Die Schweregrade der Vorfälle werden bewertet, Ursachen identifiziert und entsprechende Empfehlungen oder regulatorische Maßnahmen entwickelt. Im Fokus steht dabei vor allem der Schutz vor Kollisionen, dem weiterhin höchste Priorität eingeräumt wird.


Technologieoffensive: Projekt FASST-CH soll Luftraumsicherheit verbessern

Zur nachhaltigen Verbesserung der Luftraumsicherheit hat das BAZL das Projekt FASST-CH (Future Aviation Surveillance Services and Technologies Switzerland) gestartet. Ziel ist es, gemeinsam mit der Aviatikbranche neue Technologien zur Luftraumüberwachung, automatisierten Konflikterkennung und Informationsvernetzung zu entwickeln.

Dabei geht es nicht nur um die große Verkehrsfliegerei, sondern auch um Lösungen für die Freizeitfliegerei, Drohnenintegration und Helikopterverkehr in komplexen topographischen Regionen wie den Alpen.


Freizeitfliegerei im Fokus: StaySafe.aero als präventive Informationsplattform

Ein wichtiger Baustein in der Sicherheitsstrategie des BAZL ist die bereits 2013 gestartete Kampagne StaySafe.aero. Sie richtet sich speziell an Pilotinnen und Piloten der Allgemeinen Luftfahrt – also auch an jene, die in Segel-, Motor- oder Ultraleichtflugzeugen unterwegs sind.

Die Plattform liefert:

  • Wöchentliche Beiträge zu sicherheitsrelevanten Themen
  • Analysen realer Zwischenfälle
  • Tipps zu Flugvorbereitung, Wetter, Technik und Human Factors

Ziel ist es, Sicherheitsbewusstsein zu fördern und gleichzeitig eine Kultur des offenen Lernens zu etablieren.


Fazit: Transparenz und Technik gegen Sicherheitsrisiken

Die Vorfallstatistik 2024 verdeutlicht: Der Flugverkehr wird nicht nur dichter, sondern auch störanfälliger – sei es durch technische Risiken wie GPS-Störungen, menschliches Fehlverhalten oder globale Krisen. Die Sicherheitsstrategie des BAZL setzt deshalb konsequent auf eine Daten-getriebene Analyse, Technologieförderung und präventive Informationsarbeit.

Trotz steigender Zahlen an Meldungen ist das Ziel klar: Eine zivile Luftfahrt in der Schweiz, die auch unter zunehmend komplexen Bedingungen sicher, robust und lernfähig bleibt.


Quellverweise:
BAZL

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