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Neue Tragfähigkeitsbewertung für Flugplätze: Österreich bereitet sich auf ACR-PCR-Methodik vor

Zuletzt aktualisiert am 23. Mai 2025
Mit der Einführung der ACR-PCR-Methode bricht in der internationalen Luftfahrtinfrastruktur ein neues Zeitalter an. Auch Österreich stellt sich auf die neuen ICAO-Vorgaben ein – mit dem Ziel, Betriebssicherheit, Ressourcenschonung und internationale Harmonisierung zu stärken.

Hintergrund: Von PCN zu PCR – was sich ändert

Die ICAO (Internationale Zivilluftfahrtorganisation) hat mit Amendment 15 zu Annex 14, Volume I ein neues System zur Bewertung der Tragfähigkeit von Flugplatzoberflächen verabschiedet: ACR-PCR, kurz für Aircraft Classification Rating und Pavement Classification Rating. Dieses neue System ersetzt das bisher verwendete ACN-PCN-System (Aircraft Classification Number – Pavement Classification Number), das seit Jahrzehnten weltweit im Einsatz ist.

Der entscheidende Unterschied: Während das alte System stark vereinfachte Annahmen über die Belastung durch Flugzeuge traf, erlaubt ACR-PCR eine präzisere und individualisierte Bewertung der tatsächlichen Beanspruchung von Start- und Rollbahnen sowie Vorfeldern. Ziel ist eine effizientere Nutzung der Infrastruktur, verringerter Wartungsaufwand und damit letztlich auch eine Reduktion von Emissionen, etwa durch weniger häufige Bauarbeiten.

Neue Begrifflichkeiten und Prinzipien

Kernbestandteile der Methode sind:

  • ACR (Aircraft Classification Rating): beschreibt die Belastung, die ein bestimmtes Flugzeugtyp auf eine Oberfläche ausübt.
  • PCR (Pavement Classification Rating): gibt an, welche ACR-Werte eine bestimmte Fläche zulässt – also welche Flugzeuge dort sicher betrieben werden können.

Dabei berücksichtigt das System differenziert verschiedene Faktoren wie Reifendruck, Gewicht, Strukturtyp des Belags und Betriebskategorie.

Wichtig: Eine mathematische Umrechnung zwischen dem alten ACN-PCN-System und dem neuen ACR-PCR ist nicht möglich. Das bedeutet: Betreiber und Piloten müssen sich mit den neuen Werten vertraut machen und ihre Planung entsprechend anpassen.

Zeitplan der Umsetzung in Österreich

Obwohl ICAO die offizielle Gültigkeit der neuen Methode auf den 28. November 2024 festgelegt hat, wurde die Anwendung in den EASA-Mitgliedsstaaten, zu denen auch Österreich gehört, auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Ziel ist eine synchronisierte Umsetzung in der gesamten EU.

Der konkrete Termin für die Einführung in Österreich wird durch die Austro Control gesondert bekannt gegeben. Bis dahin bleibt das bestehende System weiterhin gültig.

Erste veröffentlichte PCR-Werte: Wien und Graz machen den Anfang

Die ersten Flugplätze in Österreich, die bereits PCR-Werte gemäß der neuen Methode veröffentlichen, sind:

Flughafen Wien-Schwechat (LOWW)

Die Hauptpisten 11/29 und 16/34 weisen jeweils ein PCR von 900 bis 1100 auf – abhängig von Bauweise und Rollwegabschnitt. Besonders tragfähige Zonen (etwa in Betonbauweise) erreichen die maximale PCR-Kategorie R/B/W/T 1100, was selbst für schwerste Verkehrsflugzeuge ausreichend ist.

Flughafen Graz-Thalerhof (LOWG)

Auch in Graz wurden differenzierte Werte erhoben. Die Hauptpiste 16C/34C weist ein PCR von 470 F/A/W/T auf, während betonierte Vorfeldbereiche (z. B. Apron SOUTH Concrete) mit PCR 800 R/A/W/T klassifiziert sind. Rollwege und asphaltierte Vorfelder liegen deutlich niedriger, teils bei PCR 75–165.

Erklärung der Klassifikatoren:

  • F/R: Flexible (Asphalt) oder Rigid (Beton)
  • A/B: Aircraft operation category (z. B. All aircraft, Business jets)
  • W: Wet conditions considered
  • T: Evaluation type (Technical evaluation)

Vorteile und Bedeutung für Piloten und Betreiber

Die neue ACR-PCR-Methode bringt spürbare Vorteile für alle Beteiligten:

  • Betreiber können ihre Oberflächen gezielter verwalten und Wartungszyklen wirtschaftlicher planen.
  • Piloten und Dispatcher erhalten präzisere Informationen über die Befahrbarkeit von Flugplatzbereichen.
  • Flugzeughersteller können die ACR-Werte ihrer Modelle mit höherer Genauigkeit dokumentieren.
  • Regulierungsbehörden gewinnen ein verlässlicheres Instrument für Sicherheitsbewertungen.

Darüber hinaus fördert die neue Methode den Klimaschutz, da unnötige Strukturverstärkungen, Belagsaustausche und temporäre Sperrungen reduziert werden können.

Ausblick

Die Einführung der ACR-PCR-Methode stellt einen wichtigen Schritt hin zu einer modernen, datenbasierten Infrastrukturverwaltung im Luftfahrtsektor dar. Österreichs Flugplätze zeigen sich dabei bereits gut vorbereitet. Sobald der Startschuss für die landesweite Umstellung fällt, werden weitere Plätze folgen und ihre PCR-Werte publizieren – ein Zeichen für Innovation, Sicherheit und Nachhaltigkeit im Luftverkehr.


Weitere Informationen:
Die aktuellen AIC-Mitteilungen zur ACR-PCR-Einführung können über die Website der Austro Control GmbH (www.austrocontrol.at) abgerufen werden.


Quellverweise:
AustroControl

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