Voraussetzungen für Night VFR: Ausbildung und Ausrüstung
1. Nachtflugberechtigung (Night Rating)
Um als Privatpilot (PPL) oder Leichtflugzeugpilot (LAPL) einen Nachtflug durchführen zu dürfen, ist eine zusätzliche Nachtflugberechtigung erforderlich.
Diese Berechtigung wird durch die EASA FCL.810 geregelt und setzt eine spezielle Ausbildung voraus, die Folgendes beinhaltet:
- Mindestens 5 Stunden Nachtflugausbildung
- 5 Alleinstarts und Landungen bei Nacht
- Navigationsflug bei Nacht
- Schulung im Umgang mit Instrumentenflugverfahren bei Dunkelheit
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2. Flugzeugausrüstung für Nachtflüge
Nach den EASA Part-NCO.IDE.A.120-Vorschriften benötigen Luftfahrzeuge für Nachtflüge eine spezielle Ausstattung, darunter:
- Instrumente zur Lagebestimmung:
- Kurven- und Schiebefluganzeige
- Fluglageanzeige
- Variometer
- Stabilisierter Steuerkursindikator
- Notfallstromanzeige für Kreiselinstrumente
- Anti-Kollisionslichter (Beacon & Strobes)
- Navigationslichter (Position Lights)
- Landelicht für Start und Landung
- Instrumentenbeleuchtung im Cockpit
- Vereisungsschutz für Fahrtmesser (Pitot Heat)
Diese Ausstattung ist essenziell, da sich die räumliche Orientierung bei Nacht erheblich von der Wahrnehmung am Tag unterscheidet.
Routenplanung: Orientierungspunkte und Navigation bei Nacht
Ein sorgfältig geplanter Flugweg ist bei Nacht noch wichtiger als am Tag, da visuelle Orientierungspunkte stark variieren können.
1. Wichtige visuelle Referenzen bei Nacht
- Beleuchtete Städte und Ortschaften bieten eine gute Orientierung.
- Autobahnen und größere Straßen sind leicht zu erkennen und oft beleuchtet.
- Große Gewässer reflektieren Mond- oder Stadtlichter und können als Navigationshilfe dienen.
- Windparks und Industrieanlagen sind durch ihre Blinklichter ebenfalls gut sichtbar.
- Skipisten im Winter sind oft stark beleuchtet und können eine gute Orientierung bieten.
2. Meiden von dunklen Gebieten
- Wald- und Gebirgsregionen ohne künstliche Beleuchtung sind schwer einzuschätzen.
- Das Fehlen sichtbarer Orientierungspunkte kann zu Desorientierung und räumlichen Illusionen führen.
- In Regionen mit wenig Lichtquellen kann eine falsche Wahrnehmung des Horizonts auftreten.
3. Nutzung moderner Navigationshilfen
- GPS mit Moving Map erleichtert die Navigation erheblich.
- VOR/DME oder NDB-Funknavigation kann als Backup dienen.
- Eine papierbasierte Navigationskarte mit markierten Orientierungspunkten sollte immer griffbereit sein.
Sicherheit und Notfallverfahren bei Nachtflügen
1. Notfallmanagement bei Sichtverlust
Sollte ein Pilot die Sichtreferenz zum Boden verlieren, ist es wichtig, auf Instrumentenflugtechniken (IFR-Grundlagen) zurückzugreifen.
- Standardmäßiger Geradeausflug mit kontrollierter Steigrate oder Sinkrate
- Ständige Überwachung des Horizonts über die Instrumente
- Kein plötzlicher Richtungswechsel oder schnelle Manöver
- Sofortige Funkverbindung mit der Flugsicherung (ATC), falls Unsicherheit besteht
2. Alternative Flugplätze und Notlandemöglichkeiten
Bei der Flugplanung müssen verfügbare beleuchtete Flugplätze entlang der Route eingeplant werden.
- Viele kleine Flugplätze haben keine Nachtbetriebserlaubnis, sodass Ausweichflugplätze notwendig sind.
- Notfalllandungen in unbeleuchteten Gebieten sind extrem schwierig und sollten nur als letzte Option betrachtet werden.
- Piloten sollten vorab prüfen, ob Ziel- oder Ausweichflugplätze nachts geöffnet sind (AIP oder Flugplatz-Website).
Wetterbedingungen: Besondere Herausforderungen bei Nacht
1. Einfluss von Mondlicht auf die Sicht
- Vollmondnächte bieten eine deutlich bessere Sicht und erleichtern die Navigation.
- Schneebedeckte Landschaften in Kombination mit Mondlicht reflektieren stark und simulieren fast Tageslichtbedingungen.
- Dunkle Nächte ohne Mond können das Erkennen des Horizonts erschweren.
2. Sternenklare Nächte und Desorientierung
- In Nächten mit klarer Sicht, aber ohne Mond kann es schwierig sein, Lichter am Boden von Sternen zu unterscheiden.
- Diese optische Täuschung kann zu Schwindelgefühlen oder einer Fehleinschätzung des Horizonts führen.
- Piloten müssen sich daher stärker auf Instrumentenanzeigen verlassen.
3. Gefahr von „White Out“-Effekten
- Hohe Berge, Schnee und Wolken können sich bei Nacht optisch vermischen.
- In solchen Situationen ist es schwer, Gelände und Wolken voneinander zu unterscheiden.
- Eine gute Planung mit visuellen Fixpunkten und Navigationshilfen ist hier entscheidend.
4. Temperatur und Wetterveränderungen bei Nacht
- Nachts sinkt die Temperatur oft rapide, was zu Strahlungsnebel oder unerwarteter Vereisung führen kann.
- Flughäfen wie Gardermoen in Norwegen sind bekannt für plötzlich auftretenden Bodennebel in den frühen Morgenstunden.
- Piloten sollten stets ausreichend Treibstoff für eine Alternativroute einplanen und warme Kleidung mitführen.
Fazit: Night VFR – Ein unvergessliches Erlebnis mit besonderen Anforderungen
Ein Nachtflug nach Sichtflugregeln kann eine faszinierende Erfahrung sein, erfordert jedoch eine gründliche Vorbereitung und spezielles Training.
- Eine Nachtflugberechtigung ist erforderlich, um sicher bei Dunkelheit zu fliegen.
- Die richtige Flugzeugausrüstung wie Anti-Kollisionslichter, Navigationsbeleuchtung und Instrumentenbeleuchtung ist unverzichtbar.
- Sorgfältige Routenplanung mit markanten visuellen Orientierungspunkten ist entscheidend.
- Gute Wetterbedingungen und Mondlicht erleichtern die Navigation erheblich.
- Piloten sollten stets auf mögliche Notfälle vorbereitet sein und alternative Flugplätze kennen.
Mit der richtigen Planung, Ausrüstung und Umsicht wird Night VFR zu einem unvergesslichen und sicheren Erlebnis, das die Luftfahrt in eine ganz neue Dimension hebt.
Quellverweise:
StaySafe