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Seitenwindlandungen meistern: Technik, Training und Tipps für mehr Sicherheit

Zuletzt aktualisiert am 3. October 2025
Seitenwindlandungen gehören zu den anspruchsvollsten Manövern der allgemeinen Luftfahrt. Sie erfordern ein hohes Maß an Konzentration, Technik und Erfahrung. Fehler in dieser Flugphase führen oft zu kritischen Situationen, weshalb das richtige Vorgehen für Pilotinnen und Piloten entscheidend ist. Mit dem Zusammenspiel aus Vorhaltewinkel und Seitengleitflug, dem passenden Einsatz der Ruder und einer bewussten Entscheidung über persönliche Limits lassen sich auch starke Seitenwinde sicher bewältigen. Moderne Hilfsmittel wie Simulatoren und Trainingsangebote tragen zusätzlich dazu bei, Sicherheit und Routine aufzubauen.

Die Herausforderung Seitenwind

Seitenwind entsteht, wenn die Windrichtung nicht mit der Start- oder Landebahn übereinstimmt. Für Pilotinnen und Piloten bedeutet das, dass ihr Flugzeug beim Anflug stetig vom Wind versetzt wird. Ohne Gegenmaßnahmen würde die Maschine beim Aufsetzen seitlich abdriften, was Fahrwerk und Reifen stark belasten oder gar strukturelle Schäden verursachen könnte. Deshalb sind spezielle Techniken erforderlich, um die Längsachse des Flugzeugs exakt entlang der Bahnachse zu halten.

Grenzen beachten – technisch und persönlich

Jedes Flugzeugmuster hat eine im Flughandbuch definierte maximale nachgewiesene Seitenwindkomponente. Diese Angabe basiert auf Testflügen des Herstellers, ist aber nicht zwingend eine harte Grenze. Piloten können auch bei stärkeren Winden landen, müssen jedoch ihre eigene Erfahrung und die Reaktion der Versicherung im Schadensfall bedenken.

Wichtiger ist das persönliche Limit. Jeder Pilot sollte ehrlich einschätzen, ob er oder sie sich eine Landung unter den aktuellen Bedingungen zutraut. Faktoren wie Böigkeit, Trainingserfahrung und die Fähigkeit, einen stabilisierten Endanflug zu fliegen, sind ausschlaggebend. Bei Unsicherheit gilt: Durchstarten ist die sicherere Alternative.

Die richtige Vorbereitung – Rechnen und Planen

Noch vor dem Anflug lässt sich die Seitenwindkomponente berechnen. Dazu stehen heute zahlreiche digitale Hilfsmittel bereit: Avioniksysteme mit integrierter Anzeige, Flugplanungs-Apps oder auch die klassische Formel:

Seitenwindkomponente = Sinus (Differenz zwischen Windrichtung und Bahnausrichtung) × Windgeschwindigkeit.

Am unkontrollierten Flugplatz bleibt oft nur der Blick auf den Windsack. Wichtig ist in jedem Fall, schon vor dem Endanflug zu wissen, ob der Seitenwind innerhalb der zulässigen und persönlichen Limits liegt.

Crabbing im Anflug

Zu Beginn des Endanflugs wird die Nase des Flugzeugs leicht gegen den Wind gedreht – das sogenannte Crabbing. Dadurch fliegt die Maschine zwar mit einem schrägen Vorhaltewinkel, bleibt aber exakt auf der verlängerten Pistenachse. Dieses Bild einer „krabbenartig“ schräg anfliegenden Maschine ist typisch für Seitenwindlandungen.

Bereits beim Eindrehen in den Endanflug sollte man den Wind einkalkulieren, um unnötige Korrekturen zu vermeiden.

Vom Vorhaltewinkel in den Slip

Das Crabbing darf nicht bis zur Landung beibehalten werden, sonst würde das Flugzeug seitlich schiebend aufsetzen. Kurz vor dem Abfangen muss deshalb in den Slip übergegangen werden.

Dabei senkt der Pilot die dem Wind zugewandte Tragfläche (Luv-Seite) und hält mit Seitenruder die Flugzeugnase parallel zur Bahnachse. Das Querruder verhindert, dass die Maschine vom Wind seitlich versetzt wird. So entsteht ein stabilisierter Seitengleitflug, der ein sauberes Aufsetzen ermöglicht.

Wichtig ist, die Besonderheiten des eigenen Flugzeugmusters zu beachten: Manche Flugzeuge haben zeitliche Begrenzungen für Slip-Manöver oder reagieren mit fehlerhaften Geschwindigkeitsanzeigen.

Geschwindigkeit und Klappeneinsatz

Die Wahl der Anfluggeschwindigkeit ist entscheidend. Bei gleichmäßigem Wind bleibt sie unverändert, bei Böen wird die Hälfte des Böenfaktors hinzuaddiert. Zu hohe Geschwindigkeiten verlängern jedoch die Ausschwebephase und machen die Landung unsicherer, da das Flugzeug stärker vom Wind beeinflusst wird.

Auch der Einsatz von Landeklappen erfordert Fingerspitzengefühl. Nicht immer ist die volle Klappenstellung sinnvoll, da sie die Steuerbarkeit einschränken kann. Hinweise dazu finden sich im Flughandbuch.

Aufsetzen und Ausrollen

Im Slip setzt zunächst das luvseitige Hauptfahrwerk auf, dann das leeseitige und schließlich das Bugrad. Während des gesamten Ausrollens muss weiterhin Querruder in den Wind gegeben werden, um ein Anheben der Tragfläche zu verhindern. Je langsamer das Flugzeug wird, desto stärker muss der Ausschlag erfolgen.

Das gleiche Prinzip gilt auch beim Start: Beginn mit vollem Querruderausschlag in den Wind, der mit zunehmender Geschwindigkeit graduell zurückgenommen wird.

Übung macht den Meister

Seitenwindlandungen lassen sich nicht allein in der Theorie erlernen. Regelmäßiges Training, auch bei moderaten Windbedingungen, ist entscheidend, um Sicherheit zu gewinnen. Besonders wertvoll ist das Üben mit Fluglehrern, die gezielt an Technik und Timing feilen können.

Ein außergewöhnliches Angebot findet sich in Norddeutschland am Flugplatz Hungriger Wolf (EDHF): Ein Seitenwindsimulator ermöglicht dort realistische Trainings unter kontrollierten Bedingungen, ohne Risiko für Material oder Pilot.

Conclusion

Seitenwindlandungen sind kein Hexenwerk – sie erfordern jedoch Übung, ein klares Verständnis der Technik und die Bereitschaft, persönliche Grenzen zu respektieren. Wer regelmäßig trainiert und die beschriebenen Verfahren verinnerlicht, gewinnt nicht nur Sicherheit, sondern erweitert auch seine fliegerischen Fähigkeiten. Am Ende gilt: Seitenwindlandungen sind weniger eine Bedrohung als vielmehr eine spannende Herausforderung, die das Können von Pilotinnen und Piloten nachhaltig prägt.


Source references:
Aviation magazine

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