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Fliegen ohne Flugleiter: Erste Erfolge in Deutschland und Impulse aus Europa

Zuletzt aktualisiert am 3. October 2025
Die Idee des Fliegens ohne Flugleiter – in Fachkreisen auch als „Fliegen ohne Betriebsleiter“ bekannt – hat sich von einer langjährigen Forderung der Luftfahrtverbände zu einem ernsthaften Reformschritt entwickelt. Während international und auf EU-Ebene schon länger Rahmenbedingungen existieren, beginnt nun auch in Deutschland die praktische Umsetzung. Erste Verkehrslandeplätze zeigen, dass der Betrieb ohne permanente Beaufsichtigung durch einen Flugleiter nicht nur möglich, sondern auch effizient und sicher ist. Beispiele wie Porta Westfalica und Roitzschjora machen Mut, doch es bleiben offene Fragen zur Vereinheitlichung der Verfahren und zur Akzeptanz bei Behörden und Piloten.

Vom Sonderweg zur Normalität

Während in vielen europäischen Ländern wie Italien, Großbritannien oder Skandinavien Fliegen ohne Flugleiter längst etabliert ist, tat sich Deutschland lange schwer mit der Umsetzung. Flugplätze galten hierzulande traditionell als streng reglementierte Infrastrukturen, deren Betrieb stets einer unmittelbaren Aufsicht bedarf. Doch das Prinzip, dass Piloten eigenverantwortlich auf einer Platzfrequenz ihre Absichten mitteilen und Verfahren einhalten, ist international längst bewährt.

Mit der Anpassung der rechtlichen Grundlagen auf Bundes- und EU-Ebene wurde der Weg frei, auch in Deutschland flexiblere Strukturen zu schaffen. Nun liegt es an den Landesluftfahrtbehörden und den Flugplatzbetreibern, diese Freiräume zu nutzen. Wie schnell dies geschieht, hängt stark von der Einstellung der Behörden und der Offenheit der Betreiber ab. Während manche Regionen zügig voranschreiten, zögern andere noch. Doch insgesamt ist der Trend klar: Die Gruppe der Skeptiker wird kleiner.

Vorreiter Porta Westfalica und Roitzschjora

Einen Meilenstein setzte der Verkehrslandeplatz Porta Westfalica (EDVY). Mit rund 14.000 Flugbewegungen pro Jahr zählt er zu den stärker frequentierten Plätzen im Segment der allgemeinen Luftfahrt. Hier wurde das Konzept Schritt für Schritt umgesetzt: Betriebsleiter zogen sich während regulärer Öffnungszeiten zurück, während Piloten ihre Verfahren eigenständig abwickeln. Voraussetzung ist lediglich, dass sich Crews vorab über die veröffentlichten Verfahren informieren – eine Hürde, die mit den digitalen Informationsmöglichkeiten heute leicht zu nehmen ist.

Ein weiteres Beispiel für praxisorientierte Umsetzung ist der Verkehrslandeplatz Roitzschjora (EDAW) bei Leipzig. Hier setzt man auf Transparenz: Eine Ampelanzeige auf der Website signalisiert, ob die PPR-Regelung (Prior Permission Required) pauschal erteilt ist, ob ein kurzer Anruf notwendig ist oder ob am betreffenden Tag keine Landungen möglich sind. Mit diesem klaren, nutzerfreundlichen System wird unnötige Bürokratie vermieden – ein Vorbild für andere Plätze.

Zwischen Vielfalt und Einheitlichkeit

Deutschland steht durch sein föderales System vor einer besonderen Herausforderung. Mehr als 35 Landesluftfahrtbehörden sind formell unabhängig, was zu einer Vielzahl leicht abweichender Umsetzungspraktiken führt. Zwar ähneln sich die Verfahren im Kern – PPR-Regelung klären, AIP und NOTAMs prüfen, Landegebühr digital entrichten, Start- und Landezeiten übermitteln – doch die Details variieren. Für Piloten bedeutet dies zusätzlichen Abstimmungsaufwand und gelegentlich Verunsicherung.

Luftfahrtverbände fordern daher eine stärkere Vereinheitlichung. Ziel ist es, dass Piloten spontan und auch im Flug zuverlässig erkennen können, welche Plätze ohne Flugleiter anfliegbar sind. Hier kommen Navigations-Apps ins Spiel: Eine Integration entsprechender Informationen wäre für die Praxis enorm hilfreich und würde die Akzeptanz erhöhen.

Europäische Praxis als Vorbild

Wie reibungslos der Betrieb ohne Flugleiter funktionieren kann, zeigt ein Blick nach Italien. Beim diesjährigen AOPA-Fly-Out nach Ferrara (LIPF) erlebten deutsche Crews den Alltag an einem Platz, an dem es keine Flugleiter gibt. Piloten meldeten ihre Positionen blind in der Platzrunde, Segelflieger und Fallschirmspringer koordinierten sich ebenfalls über Funk. Trotz regen Betriebs verlief alles geordnet, respektvoll und sicher.

Besonders auffällig: Der Mischbetrieb unterschiedlicher Sparten der Luftfahrt stellte kein Problem dar. Rücksichtnahme, klare Kommunikation und die Bereitschaft, aufeinander einzugehen, sorgten für reibungslose Abläufe. Die Einfachheit des Systems überraschte viele Teilnehmer: Keine festen Öffnungszeiten, keine Landegebühren – stattdessen Vertrauen in die Eigenverantwortung der Piloten. Ein Kühlschrank mit Getränken auf Vertrauensbasis komplettierte das Bild.

Sicherheit und Eigenverantwortung

Kritiker des Systems fürchten, dass fehlende Flugleiter zu Sicherheitsrisiken führen könnten. Doch internationale Erfahrungen zeigen, dass das Gegenteil der Fall ist: Piloten übernehmen Verantwortung, sind stärker eingebunden und kommunizieren intensiver. Der Verzicht auf unnötige Hierarchien führt zu mehr Eigeninitiative und – paradoxerweise – oft zu mehr Disziplin.

Für Deutschland bedeutet dies einen Kulturwandel: weg von einem überbehüteten System hin zu mehr Eigenverantwortung in der allgemeinen Luftfahrt.

Outlook

Die Fortschritte der letzten Monate sind ein Signal für den Wandel. Auch wenn die Umsetzung noch nicht überall reibungslos läuft, zeichnen sich deutliche Verbesserungen ab. Entscheidend wird sein, dass Landesluftfahrtbehörden die Möglichkeiten offensiv unterstützen und nicht durch kleinteilige Vorschriften ausbremsen.

Das Fliegen ohne Flugleiter ist kein Experiment mehr, sondern ein realistischer Teil der Zukunft der allgemeinen Luftfahrt in Deutschland. Einheitlichere Verfahren, digitale Unterstützung durch Navigations-Apps und die Orientierung an internationalen Best Practices könnten dafür sorgen, dass Deutschland nicht länger Nachzügler, sondern Vorreiter in Europa wird.ie Zukunft der Luftfahrt im Land.


Source references:
AOPA

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