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EU-Recht: Chancen und Risiken beim Ausflaggen von Pilotenlizenzen

Zuletzt aktualisiert am 3. October 2025
Immer mehr Privatpiloten in Deutschland erwägen, ihre Lizenz zu einer ausländischen EASA-Behörde zu übertragen – ein Prozess, der umgangssprachlich als „Ausflaggen“ bezeichnet wird. Gründe sind vor allem die Sorge vor restriktiven medizinischen Entscheidungen des Luftfahrt-Bundesamtes (LBA) sowie die in Deutschland einmalige Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP). Besonders Österreichs Austro Control gilt als beliebtes Ziel, da sie als kundenfreundlich und effizient gilt. Doch der Schritt ins Ausland bringt neben Vorteilen auch neue Risiken und sollte gut überlegt sein.

Hintergrund: Einheitliche Regeln im EASA-Raum

Seit der Harmonisierung der europäischen Luftfahrtbehörden sind Pilotenlizenzen innerhalb des EASA-Raums standardisiert. Unabhängig davon, ob die Lizenz in Deutschland, Österreich, Frankreich oder einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellt wurde – sie ist in allen EASA-Staaten gleichermaßen gültig. Das erleichtert es Piloten, ihre Lizenz von einer nationalen Behörde zu einer anderen zu übertragen.

Der Trend zum „Ausflaggen“ hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen, vor allem unter Privatpiloten. Dabei geht es weniger um die Lizenzrechte selbst, sondern vielmehr um die Verwaltungspraxis und den Umgang der jeweiligen Behörden mit medizinischen und rechtlichen Themen.

Hauptmotive: Medical und ZÜP

Besonders im Fokus steht die flugmedizinische Abteilung des LBA, die von vielen Piloten als intransparent und restriktiv wahrgenommen wird. Befürchtet wird, dass schon kleinere medizinische Auffälligkeiten den Verlust des Medicals nach sich ziehen könnten. Der Verlust des Medicals wiederum führt automatisch zur faktischen Untauglichkeit und setzt die Lizenzrechte außer Kraft.

Ein zweiter zentraler Grund ist die Background check (ZÜP), die es ausschließlich in Deutschland gibt. Alle fünf Jahre müssen Piloten nachweisen, dass keine strafrechtlichen oder sicherheitsrelevanten Gründe gegen ihre Flugtätigkeit sprechen. Schon vergleichsweise geringfügige Delikte – etwa Beleidigungen gegenüber Politikern oder kleinere Steuervergehen – können zu einem negativen Bescheid führen. Ohne gültige ZÜP darf die Lizenz in Deutschland nicht ausgeübt werden.

Andere EASA-Staaten wie Österreich kennen zwar ähnliche Prüfungen, diese sind jedoch in der Regel nicht Voraussetzung für die Ausübung der Lizenz, sondern beschränken sich beispielsweise auf die Beantragung eines Flughafenausweises.

Risiken beim Ausflaggen

So attraktiv der Wechsel erscheinen mag, er ist kein Garant für eine sorgenfreie Zukunft. Auch im Ausland können medizinische Anforderungen streng sein. Ein Beispiel: Austro Control setzt bei Blutwerten teilweise engere Grenzen als das LBA. Zudem kann sich die Rechtslage jederzeit ändern – nationale Behörden sind berechtigt, ihre Anforderungen nachzuschärfen.

Hinzu kommt die politische Dimension: Ein EU-Austritt eines Mitgliedsstaats würde automatisch dazu führen, dass dort ausgestellte Lizenzen nicht mehr im EASA-Raum gelten. Ein heute noch attraktives Ausweichziel könnte also in einigen Jahren zu Problemen führen.

Ablauf der Übertragung

Wer seine Lizenz ausflaggen möchte, muss bei der ausländischen Behörde einen Antrag stellen. Österreich etwa bietet ein unkompliziertes Online-Formular an. Danach erfolgt ein Austausch der Unterlagen zwischen der alten und der neuen Behörde. Schließlich wird eine neue Lizenz von der ausländischen Behörde ausgestellt.

Das größte Risiko liegt im Bereich der medizinischen Unterlagen. Alte Gutachten sind nicht immer vollständig digitalisiert, manche Fliegerärzte haben ihre Praxen aufgegeben. Fehlende Daten können den Prozess erheblich verzögern oder sogar zum Stillstand bringen. Deshalb wird empfohlen, sich rechtzeitig selbst eine vollständige Kopie der fliegerärztlichen Akte zu besorgen.

Darüber hinaus ist es in der Regel nicht möglich, eine Lizenz zu übertragen, wenn bereits eine negative Entscheidung bei Medical oder ZÜP vorliegt. Der Antragsteller muss also sämtliche Voraussetzungen erfüllen.

Dauer und Kosten

Die Dauer einer Lizenzübertragung variiert erheblich. In manchen Fällen dauert das Verfahren nur wenige Monate, in anderen kann es sich über ein Jahr hinziehen. Mitunter spielen auch interne Verzögerungen beim LBA eine Rolle, insbesondere in der medizinischen Abteilung.

Die Kosten sind überschaubar und bewegen sich meist im unteren bis mittleren dreistelligen Bereich. Während der Übertragung bleibt die bisherige Lizenz gültig, sodass Piloten in der Übergangszeit weiter fliegen dürfen.

Fazit: Gut abwägen, frühzeitig handeln

Das Ausflaggen einer Lizenz kann eine sinnvolle Option sein, um sich unabhängiger von den deutschen Behörden zu machen. Besonders die Themen Medical und ZÜP sind nachvollziehbare Gründe für einen Wechsel. Allerdings darf nicht der Eindruck entstehen, dass im Ausland alles einfacher und problemloser sei.

Wer einen Wechsel plant, sollte dies rechtzeitig tun – am besten bevor es zu Problemen mit Medical oder ZÜP kommt. Auch sollten alle medizinischen Unterlagen vollständig vorliegen. Letztlich bleibt das Ausflaggen ein Werkzeug, das in bestimmten Fällen Erleichterung bringt, aber kein Allheilmittel ist.


Source references:
Aviation magazine

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