Hohe Unfallrate in der General Aviation
Fast täglich berichten Nachrichten weltweit von Abstürzen kleiner Flugzeuge. Ob in Deutschland, Australien oder den USA – die Schlagzeilen ähneln sich: Ein Kleinflugzeug verunglückt, mehrere Menschen kommen ums Leben. Trotz stetig steigender Sicherheitsstandards in der kommerziellen Luftfahrt stagniert die Unfallrate in der allgemeinen Luftfahrt auf hohem Niveau.
Eine aktuelle Untersuchung der University of South Australia, die 46 Studien zur General Aviation ausgewertet hat, belegt die Dimension: Mehr als 90 Prozent aller Todesfälle in der Luftfahrt sind auf Unfälle mit Leichtflugzeugen zurückzuführen. Besonders auffällig ist der Unterschied zur Linienluftfahrt, die seit Jahren eine extrem geringe Unfallrate verzeichnet.
Menschliche Faktoren im Mittelpunkt
Die Studie bestätigt, was bereits zahlreiche Unfallberichte weltweit zeigen: In mehr als der Hälfte aller Fälle sind menschliche Faktoren ausschlaggebend. Typische Ursachen sind fehlerhafte Entscheidungen, mangelndes Situationsbewusstsein oder falsche Reaktionen in kritischen Flugphasen.
Besonders riskant sind Starts, Landungen und Flugmanöver in geringer Höhe. Hier bleibt Piloten kaum Spielraum für Fehler. Strömungsabrisse oder Kontrollverluste enden oft tödlich, da kaum Zeit bleibt, das Luftfahrzeug abzufangen.
Ausbildung mit Defiziten
Die leitende Forscherin Emma Sheffield kritisiert in ihrer Analyse, dass die Pilotenausbildung in der allgemeinen Luftfahrt häufig nicht die nötige Tiefe hat. Während kommerzielle Piloten in Airlines laufend Checks, Simulatortrainings und wiederkehrende Prüfungen absolvieren, bleibt es bei Privatpiloten oft bei den Mindestanforderungen.
Nach Erwerb der Lizenz sind nur wenige Auffrischungen verpflichtend. Viele Piloten halten sich mit den vorgeschriebenen Stunden für den Lizenz-Erhalt gerade so „legal current“, ohne regelmäßig ihre Fähigkeiten, insbesondere im Umgang mit Notfällen, zu trainieren. Nach längeren Flugpausen kommt es daher häufig zu gefährlichen Wissens- und Praxislücken.
Forderung nach mehr Training
Die Autoren der Studie plädieren für eine Kultur des kontinuierlichen Lernens. Dazu gehören:
- Wiederkehrende praktische Trainings – regelmäßig in der Luft, nicht nur theoretisch.
- Intensivere Simulatorübungen – auch in der allgemeinen Luftfahrt, um Notfälle realistisch, aber sicher durchspielen zu können.
- Einführung neuer Lerntechnologien – moderne, erschwingliche Simulatoren oder Virtual-Reality-Systeme könnten breitere Zielgruppen erreichen.
- Förderung einer Sicherheitskultur – Piloten sollen verstehen, dass Training nicht nur eine Pflicht, sondern ein Schutzmechanismus für ihr eigenes Leben und das ihrer Passagiere ist.
Internationale Perspektive
Ein Blick ins Ausland zeigt, dass andere Länder bereits reagieren. In den USA setzt die FAA zunehmend auf freiwillige, aber stark empfohlene „Wings Programs“, bei denen Piloten Punkte für Weiterbildungen sammeln und dadurch nicht nur ihre Sicherheit verbessern, sondern auch Vorteile bei Versicherungen erhalten.
Auch in Europa wird diskutiert, den verpflichtenden Trainingsumfang für Privatpiloten zu erweitern. In einigen Staaten existieren bereits Programme, die Flugsimulatoren für den Privatsektor zugänglicher machen. In Deutschland jedoch ist das Angebot noch begrenzt – und oft zu teuer, um für Vereine oder Einzelpiloten eine realistische Option zu sein.
Fazit: Ein Kulturwandel ist nötig
Die General Aviation bleibt ein zentraler Bestandteil der Luftfahrt – sei es im Freizeitbereich, in der Pilotenausbildung oder bei landwirtschaftlichen und kommerziellen Anwendungen. Doch ohne bessere Ausbildung und regelmäßige Wiederholungstrainings wird sich die Unfallrate kaum senken lassen.
Die Studie der australischen Forscher liefert ein klares Signal: Nur wer in kritischen Situationen sicher und routiniert handelt, kann Unfälle vermeiden. Es liegt nun an Flugschulen, Verbänden und Behörden, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, um Sicherheit durch Training zur gelebten Selbstverständlichkeit zu machen.
Source references:
Aerotelegraph