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Sommerzeit ist Density-Altitude-Zeit: Was Piloten bei Hitze über Leistung, Steuerung und Sicherheit wissen müssen

Zuletzt aktualisiert am 6. Juli 2025
Mit den ersten Hitzetagen hat auch das Thema „Density Altitude“ (Dichtehöhe) wieder Hochsaison – ein Begriff, der in der Flugausbildung gelehrt, aber im Alltag oft unterschätzt wird. Temperaturen über 30 °C wie zuletzt im Alpenraum führen zu signifikanten Leistungsänderungen, die alle Phasen eines Fluges betreffen: vom Start über den Steigflug bis hin zur Landung. Die Schweizer Wetterbehörde MeteoSchweiz und mehrere Luftfahrtinformationsdienste mahnen aktuell zur besonderen Vorsicht.

Was ist die Density Altitude?

Die Density Altitude beschreibt die Höhe, in der ein Flugzeug aufgrund der aktuellen Luftdichte „gefühlt“ operiert – unabhängig von der tatsächlichen Platzhöhe. Sie ist ein maßgeblicher Leistungsfaktor, der sich aus der Druckhöhe (Pressure Altitude), Temperatur und Feuchte ergibt. Je wärmer, desto dünner die Luft – desto höher die Density Altitude.

Beispiel: Ein Flugplatz in der Schweiz auf 1400 Fuß MSL kann sich an einem heißen Sommertag mit 32 °C und QNH 1013 hPa wie 4500 Fuß oder mehr „anfühlen“. Das heißt, das Flugzeug verhält sich leistungsmäßig so, als starte es auf einem Hochgebirgsflugplatz – mit allen Konsequenzen.


Auswirkungen auf Triebwerk, Auftrieb und Steuerung

1. Reduzierte Triebwerksleistung
Kolbenmotoren liefern bei heißer, dünner Luft weniger Leistung. Auch Turbomotoren und Turboprops sind betroffen, wenn auch weniger dramatisch. Der Propeller hat weniger „Biss“, was die Beschleunigung verlängert und die Steigrate verringert.

2. Längere Startstrecke
Da weniger Schub und Auftrieb erzeugt werden, verlängert sich die Rollstrecke signifikant. Bei Grasbahnen oder feuchten Oberflächen kann sich dies zusätzlich verschärfen.

3. Höhere True Airspeed bei gleicher IAS
Die IAS (Indicated Airspeed) bleibt gleich, aber die tatsächliche Geschwindigkeit über Grund (TAS) ist bei dünner Luft höher. Das bedeutet mehr kinetische Energie – sowohl beim Start als auch bei der Landung.

4. Längere Landestrecke
Die höhere Anflug-TAS erhöht nicht nur den Aufsetzpunkt, sondern verlängert den Bremsweg. Zusätzlich ist die Bremswirkung der Luft (aerodynamisch) reduziert. Besonders kritisch wird es bei kurzen oder hoch gelegenen Pisten wie Samedan (LSZS), Courchevel oder Zell am See.

5. Eingeschränkte Steuerwirkung
Ruderflächen (Höhen-, Seiten-, Querruder) verlieren bei niedriger Luftdichte an Wirksamkeit. Gerade beim Aufsetzen oder beim Go-Around kann das zu verzögerter oder weniger präziser Reaktion führen.


Typische Fehler – und wie man sie vermeidet

  • „Reicht schon“-Mentalität: Viele Piloten unterschätzen die Wirkung hoher Density Altitude. Eine 30 % längere Startstrecke kann bei einem Flugzeug mit ohnehin knappen Leistungsreserven das „Aus“ bedeuten.
  • Falsche Leistungsberechnung: Piloten, die sich allein auf die Platzhöhe oder Außentemperatur verlassen, irren häufig. Eine Kalkulation der Density Altitude gehört zu jeder Sommerflugvorbereitung.
  • Nicht beachtete Beladung: Bei hoher Density Altitude wird eine Überladung noch kritischer. Wer bei normalen Bedingungen starten kann, hebt bei Hitze mit derselben Zuladung möglicherweise gar nicht mehr ab.

Empfehlungen für die Flugvorbereitung

  • Leistungsdaten studieren: Die Flughandbücher vieler Maschinen enthalten Start- und Landestreckendiagramme in Abhängigkeit von Temperatur und Höhe. Diese sollten immer vor dem Flug herangezogen werden.
  • Online-Rechner oder Apps nutzen: Tools wie ForeFlight, SkyDemon, Garmin Pilot oder AvPlan bieten integrierte Density-Altitude-Rechner.
  • Flugzeit und -ort anpassen: Frühmorgens oder abends fliegen reduziert das Problem. Auch Ausweichflugplätze mit längeren Bahnen können eine Option sein.
  • Safety Margin einbauen: 50–100 % Sicherheitsreserve bei Start- und Landestrecke sind im Hochsommer empfehlenswert – besonders bei Gras- oder Schotterbahnen.
  • Optional: Rettungssysteme checken: Manche Gesamtrettungssysteme (z. B. CAPS) haben Einschränkungen bei Höhe oder Geschwindigkeit – Piloten sollten die Betriebsgrenzen kennen.

Besondere Aufmerksamkeit in den Alpen

Die Schweiz gilt mit ihren Tälern, Hochplateaus und thermisch aktiven Hanglagen als komplexes Fluggebiet. Wenn hohe Temperaturen hinzukommen, steigen die Density Altitudes häufig auf über 6000 Fuß – selbst auf Plätzen wie Zweisimmen, Grenchen oder Locarno. Steigleistungen von nur noch 300 ft/min bei MTOW sind keine Seltenheit.

Bei Einweisungsflügen in den Alpen wird das Thema daher regelmäßig geschult – doch auch erfahrene Pilotinnen und Piloten sollten nie die Wirkung der Sommerhitze unterschätzen.


Weiterführende Lektüre & Links

Wer sich intensiver mit dem Thema beschäftigen möchte, findet in folgenden Artikeln und Quellen wertvolle Hinweise:

  • „Sommerzeit: Grosse Hitze, kleine Leistung und richtige Flugtaktik“ (MeteoSchweiz)
  • „Summertime = High-Density-Altitude-Time“ (AOPA Safety Publications)
  • „Fliegen in der Hitze: Density Altitude und die ‘Backside of the Power Curve’“
  • FAA Advisory Circular AC 61-84 (USA): High Density Altitude Operations
  • BFU – Sicherheitstipp Sommerflug (Deutschland)

Fazit: Sommerflüge brauchen kühlen Kopf

Hohe Temperaturen sind keine Ausnahme, sondern in Mitteleuropa längst Teil der Flugsaison. Die Density Altitude ist dabei einer der wichtigsten Einflussfaktoren auf die Sicherheit – sie beeinflusst Leistung, Steuerbarkeit, Streckenbedarf und Entscheidungsverhalten. Wer sie frühzeitig in die Flugplanung integriert, sich auf Szenarien vorbereitet und bewusst handelt, fliegt auch im Hochsommer sicher.

Denn wie so oft gilt auch hier: Das Wetter macht nicht den Unterschied – der Pilot macht ihn.


Quellverweise:
MeteoSchweiz

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