Die unterschätzte Gefahr: Montagefehler im Detail
Segelflugzeuge sind modular aufgebaut, um den Transport und die Lagerung zu erleichtern. Tragflächen, Höhenleitwerk, Seitenruder – sie alle müssen vor dem Flugbetrieb wieder korrekt miteinander verbunden werden. Klingt einfach, ist in der Praxis aber komplex, da jedes System seine Eigenheiten hat. Genau hier liegt das Risiko: Fehler bei der Verbindung von Ruder- oder Steuerflächen, falsch eingesetzte Sicherungselemente oder vergessene Kontrollmechanismen können während des Fluges zu einem vollständigen Versagen der Flugsteuerung führen.
Im Safety Information Bulletin (SIB) 2019-07 hat die EASA daher konkret auf die Problematik hingewiesen. Das Bulletin beleuchtet mehrere reale Unfälle und analysiert, wie vermeidbare Montagefehler zum Tod von Piloten führten. Dabei wird besonders hervorgehoben, dass selbst Sicherungssplinte – einfache, scheinbar selbsterklärende Bauteile – falsch verwendet oder übersehen werden können.
Technisches Verständnis schafft Sicherheit
Ein zentrales Anliegen des EASA-Bulletins ist die Förderung eines besseren Verständnisses für die Wirkungsweise sicherheitsrelevanter Bauteile. Es genügt nicht, Abläufe „auswendig“ zu kennen. Wer weiß, warum ein Sicherungssystem funktioniert, erkennt auch schneller, wann es nicht korrekt installiert ist.
Beispiele aus dem Bulletin:
- Verdrehsicherungen: Diese funktionieren nur zuverlässig, wenn die Schraube zunächst korrekt angezogen wurde. Ein nur handfest angezogener Bolzen kann sich im Flug lösen – mit potenziell katastrophalem Ausgang.
- Sicherungselemente gegen Verschiebung: Um ihre Funktion zu überprüfen, ist es sinnvoll, das verbundene Element aktiv in beide Richtungen zu bewegen. Nur so lässt sich feststellen, ob die mechanische Sperre korrekt greift.
- Eingeschränkte Sicht bei der Montage von Verbindungen, etwa durch Rumpfstrukturen oder Kabelzüge, kann leicht zu übersehenen Fehlern führen. Eine Taschenlampe ist hier ein unverzichtbares Werkzeug.
Good Practices: Was jeder Pilot tun kann
Die gute Nachricht: Viele dieser Fehler lassen sich durch Disziplin, Teamwork und klare Abläufe vermeiden. Dabei gilt:
- Flughandbuch kennen und nutzen: In vielen Fällen beschreibt das Handbuch die Montageprozesse und Pre-Flight-Checks ausreichend genau. Ist dies nicht der Fall, ist jetzt der richtige Moment, eine präzisere Checkliste zu erstellen oder zu aktualisieren.
- Ablenkungen vermeiden: Unterbrechungen während der Montage oder der Checks – sei es durch ein Gespräch, ein Telefonat oder ein unerwartetes Problem – sind ein hohes Risiko. Wer einmal rausgerissen ist, übersieht leicht einen Schritt. Deshalb: Konzentration und ein klar strukturierter Ablauf sind entscheidend.
- Klare Verantwortlichkeiten im Team: Der Segelflug ist ein Teamsport, auch am Boden. Das bedeutet aber nicht, dass sich alle auf die anderen verlassen dürfen. Wer was kontrolliert, sollte im Vorfeld klar abgesprochen sein. Eine Dokumentation durch Checklisten, Unterschriften oder Einträge ins Flugreisebuch schafft zusätzliche Sicherheit.
- Keine Annahmen treffen: Jedes Flugzeug ist individuell. Ein Sicherungsmechanismus am Duo Discus funktioniert anders als bei einem LS4. Wissen von einem Muster auf ein anderes zu übertragen, kann zu gefährlichen Fehlannahmen führen.
Fazit: Sicherheit beginnt am Boden
Die Montage eines Segelflugzeugs ist mehr als Routine – sie ist eine sicherheitsrelevante Aufgabe ersten Ranges. Wer hier präzise arbeitet, schafft die Grundlage für einen sicheren Flug. Die Zahlen der EASA mahnen zur Vorsicht: Drei bis vier Todesfälle pro Jahr aufgrund vermeidbarer Montagefehler sind drei bis vier zu viel.
Deshalb: Nutzen wir den Saisonstart als Chance, unsere Abläufe zu hinterfragen, unsere Systeme besser zu verstehen und gemeinsam für mehr Sicherheit im Segelflug zu sorgen. Denn gute Flugtage beginnen mit einer guten Vorbereitung – am besten gemeinsam, im Team und mit der nötigen Portion Respekt vor der Technik.
Quellverweise:
Staysafe.aero