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Wolkenflug im Segelflugzeug: Chancen, Risiken und Vorschriften

Zuletzt aktualisiert am 23. August 2025
Mit dem sogenannten Cloud Flying Rating erhalten Segelflugpilotinnen und -piloten die Möglichkeit, unter klar definierten Voraussetzungen in Wolken einzufliegen. Was auf den ersten Blick nach einer faszinierenden Erweiterung der fliegerischen Möglichkeiten aussieht, birgt in der Praxis erhebliche Herausforderungen für die Sicherheit und das Zusammenspiel mit dem IFR-Verkehr. Ein aktuelles Beispiel aus der Praxis verdeutlicht, wie wichtig es ist, Verfahren und Vorschriften konsequent einzuhalten.

Ein Vorfall als Mahnung
Ein IFR-Pilot einer Cessna befand sich auf rund 7.000 Fuß, exakt auf Höhe dichter Cumulus-Wolken. Plötzlich beobachtete er, wie ein Segelflugzeug vor ihm in einer dieser Wolken verschwand. Sofort meldete er der Flugsicherung, dass er ausweichen müsse, da die Wolke bereits „besetzt“ sei. Der zuständige Controller war über das Segelflugzeug nicht informiert, was die Situation zusätzlich verschärfte. Der Cessna-Pilot entschloss sich, über die Wolkendecke zu steigen, um mögliche weitere Konflikte mit Thermik oder nicht gemeldeten Segelflugzeugen zu vermeiden.

Dieser Vorfall zeigt beispielhaft: Wolkenflug im Segelflugzeug kann nur dann sicher funktionieren, wenn er mit dem IFR-Verkehr koordiniert wird und die vorgeschriebenen Regeln eingehalten werden.

Das Cloud Flying Rating
Grundvoraussetzung für den legalen Wolkenflug ist der Erwerb des Cloud Flying Rating. Die europäische Regelung findet sich in der Sailplane Flight Crew Licensing (SFCL), konkret in SFCL.215. Hier sind die Voraussetzungen für Ausbildung, Prüfungen und Erhalt des Ratings beschrieben.

In der Schweiz bieten derzeit dreizehn Flugschulen die Ausbildung an. Die Inhalte umfassen sowohl Theorie – insbesondere Meteorologie, Instrumentenflugverfahren und Luftrecht – als auch praktische Flugübungen, die den sicheren Aufenthalt in Wolken trainieren.

Technische Zulassung und Ausrüstung
Nicht jedes Segelflugzeug darf in Wolken fliegen. Die Zulassung ist im jeweiligen Type Certificate Data Sheet (TCDS) oder im Aircraft Flight Manual (AFM) unter „Kinds of Operation“ festgehalten. Darüber hinaus müssen zusätzliche Ausrüstungsmerkmale vorhanden sein. Diese ergeben sich aus SAO.IDE.105 und umfassen unter anderem:

  • einen funktionsfähigen Transponder,
  • geeignete Instrumentierung für Wolkenflug,
  • eine Stromversorgung, die den Betrieb der Geräte zuverlässig sicherstellt.

Nur wenn Flugzeug und Ausrüstung den Anforderungen entsprechen, darf ein Segelflugzeug mit Cloud Flying Rating in Wolken operieren.

Prozeduren für den Wolkenflug
Die Verfahren sind streng geregelt. Entscheidend ist, dass der Pilot vor dem Einflug eine ATC-Freigabe einholt und den Transponder aktiviert. Damit wird gewährleistet, dass das Segelflugzeug für andere Verkehrsteilnehmer sichtbar ist und von der Flugsicherung berücksichtigt werden kann.

Wolkenflug ist zudem nur in bestimmten Lufträumen erlaubt und beschränkt sich auf Kumulus- oder Kumulonimbus-Wolken, die keine unmittelbaren Bodenkontakte aufweisen. Ein Mindestabstand von 300 Metern zwischen Wolkenuntergrenze und dem höchsten Hindernis am Boden muss gewährleistet sein. Die genauen Verfahren sind im VFR Manual (RAC 3-1-2) sowie in der VRV-L Art. 25 definiert.

Bedeutung für die Flugsicherheit
Der Wolkenflug erweitert die Möglichkeiten des Segelflugs erheblich – insbesondere bei langen Überlandflügen, wenn Thermik über Wolkenentwicklungen hinweg nutzbar gemacht werden soll. Gleichzeitig steigen aber auch die Risiken: Eingeschränkte Sicht, mögliche Vereisung und die Nähe zu IFR-Verkehr erfordern höchste Disziplin und Sorgfalt.

Damit ist der Wolkenflug nicht nur ein zusätzliches fliegerisches Privileg, sondern eine echte Verantwortung. Wer das Rating besitzt, muss sich der Tatsache bewusst sein, dass ATC und andere Piloten nur dann zuverlässig reagieren können, wenn Regeln konsequent eingehalten werden.

Good Airmanship als oberste Maxime
Die Anekdote zeigt: Wolkenflug im Segelflugzeug und IFR-Verkehr müssen Hand in Hand gehen. Während Segelflugzeuge dank Cloud Flying Rating eine gewisse Flexibilität erhalten, bleibt es für IFR-Piloten wichtig, wachsam zu bleiben und Ausweichregeln zu berücksichtigen.


Quellverweise:
Staysafe.aero

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