Was die VFR-Nachtflugberechtigung ermöglicht
Die VFR-Nachtflugberechtigung erlaubt es Inhabern bestimmter Privatpilotenlizenzen, Flüge nach Sichtflugregeln auch nach Ende der bürgerlichen Abenddämmerung und vor Beginn der morgendlichen Dämmerung durchzuführen. Ohne diese Zusatzqualifikation ist Nachtflug für Privatpiloten grundsätzlich nicht zulässig, selbst wenn Wetterbedingungen und Sichtverhältnisse dies theoretisch erlauben würden.
Rechtlich geregelt ist die Nachtflugberechtigung im europäischen Lizenzrecht. Sie kann von Inhabern einer PPL(A), einer LAPL(A) sowie einer TMG-Lizenz erworben werden. Für LAPL-Inhaber gilt eine Besonderheit: Da diese Lizenz keine umfassende Instrumentenflugausbildung enthält, ist vor Beginn der Nachtflugausbildung eine eingeschränkte Instrumentenflugschulung erforderlich. Diese vermittelt grundlegende Fähigkeiten zum sicheren Umgang mit Instrumenten, die gerade bei Nacht eine deutlich größere Rolle spielen als am Tag.
Keine Prüfung, aber verpflichtende Ausbildung
Im Unterschied zu vielen anderen fliegerischen Qualifikationen endet die VFR-Nachtflugausbildung nicht mit einer formalen theoretischen oder praktischen Prüfung. Stattdessen wird die Berechtigung nach Abschluss der vorgeschriebenen Ausbildung durch die Flugschule bestätigt und in die Lizenz eingetragen.
Das bedeutet jedoch nicht, dass die Anforderungen gering wären. Die Ausbildung selbst ist verpflichtend, auch wenn die konkreten Inhalte der Theorie nicht bis ins Detail vorgegeben sind. In der Praxis gehen Flugschulen hier unterschiedliche Wege. Manche bieten strukturierte Theorieabende oder kompakte Kurse an, andere beschränken sich auf eine ausführliche theoretische Einweisung durch den Fluglehrer unmittelbar vor den ersten Nachtflügen.
Theoretische Inhalte: Mehr als nur Dunkelheit
Auch wenn der Umfang nicht exakt festgelegt ist, deckt die Theorie zur Nachtflugberechtigung typischerweise mehrere zentrale Themen ab. Dazu gehören die besonderen physiologischen Aspekte des Sehens bei Nacht, etwa die reduzierte Farbwahrnehmung und die eingeschränkte Tiefenabschätzung. Auch optische Täuschungen, die durch Lichtquellen, dunkle Umgebungen oder fehlende Horizonte entstehen können, spielen eine wichtige Rolle.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Flugvorbereitung und Navigation bei Nacht. Landmarken verlieren an Bedeutung, während beleuchtete Straßen, Städte oder Industrieanlagen zu wichtigen Orientierungshilfen werden. Ergänzt wird dies durch Aspekte der Luftraumstruktur, des Funkverkehrs sowie durch Notfallverfahren, die bei Nacht anders zu bewerten sind als am Tag.
Praktische Anforderungen an die Ausbildung
Der praktische Teil der VFR-Nachtflugberechtigung ist klar definiert. Insgesamt sind mindestens fünf Flugstunden bei Nacht erforderlich. Davon müssen mindestens drei Stunden mit einem Fluglehrer absolviert werden. Innerhalb dieser Ausbildungszeit ist zudem ein Überlandflug vorgeschrieben, der zu einem Flugplatz führt, der mindestens 50 Kilometer vom Startflugplatz entfernt liegt.
Zusätzlich muss der Pilot im Alleinflug ohne Fluglehrer mindestens fünf Starts und fünf Landungen bei Nacht durchführen. Diese dürfen nicht als Touch-and-Go erfolgen, sondern müssen jeweils mit vollständigem Anhalten auf der Landebahn enden. Ziel ist es, den sicheren Umgang mit Start- und Landephasen unter Nachtbedingungen zu festigen, da diese zu den anspruchsvollsten Phasen des Nachtflugs zählen.
Die Ausbildung kann auf einmotorigen Flugzeugen durchgeführt werden. Ultraleichtflugzeuge sind in Deutschland vom Nachtflug ausgeschlossen, weshalb die Nachtflugberechtigung für diese Luftfahrzeugklasse keine praktische Relevanz hat.
Nachtflug in der Praxis: Besondere Anforderungen an den Piloten
Der Übergang vom Tag- zum Nachtflug erfordert mehr als nur eine formale Berechtigung. Viele Piloten berichten, dass sich Arbeitsbelastung, Wahrnehmung und Entscheidungsfindung bei Nacht deutlich verändern. Die Abhängigkeit von Instrumenten steigt, auch bei offiziell nach Sichtflugregeln durchgeführten Flügen. Gleichzeitig ist das Angebot an Ausweichflugplätzen geringer, und Wetteränderungen lassen sich oft schwieriger einschätzen.
Gerade deshalb gilt die Nachtflugberechtigung als wertvolle Ergänzung zur fliegerischen Ausbildung. Sie erweitert nicht nur den zeitlichen Handlungsspielraum, sondern schärft auch das fliegerische Bewusstsein und die Fähigkeit, Risiken realistisch einzuschätzen.
Aufrechterhaltung der Berechtigung und Passagierflüge
Die VFR-Nachtflugberechtigung selbst ist zeitlich unbegrenzt gültig. Für das Mitnehmen von Passagieren gelten jedoch zusätzliche Anforderungen. Privatpiloten müssen innerhalb der letzten 90 Tage mindestens drei Starts und Landungen durchgeführt haben, davon mindestens einen bei Nacht. Diese Regelung soll sicherstellen, dass die praktischen Fertigkeiten aktuell bleiben.
Für Instrumentenflugberechtigte gelten hier weniger strenge Vorgaben, da Nachtflug im Rahmen des IFR-Betriebs als integraler Bestandteil der Ausbildung und Praxis betrachtet wird.
Fazit: Mehr Freiheit, aber auch mehr Verantwortung
Die VFR-Nachtflugberechtigung eröffnet Privatpiloten neue Möglichkeiten und erweitert den fliegerischen Horizont erheblich. Gleichzeitig verlangt sie ein hohes Maß an Disziplin, Vorbereitung und Selbstreflexion. Wer sich bewusst auf die besonderen Herausforderungen des Nachtflugs einlässt und die Ausbildung ernst nimmt, gewinnt nicht nur eine zusätzliche Berechtigung, sondern auch wertvolle fliegerische Erfahrung, die sich positiv auf alle Bereiche der privaten Luftfahrt auswirkt.
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Quellverweise:
Fliegermagazin
