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Unsichtbare Gefahr: Wirbelschleppen bei Mischbetrieb auf Flugplätzen

Zuletzt aktualisiert am 14. September 2025
Wirbelschleppen gehören zu den am meisten unterschätzten Gefahren in der Luftfahrt. Vor allem auf Flugplätzen mit Mischbetrieb – also dort, wo Leichtflugzeuge, Helikopter und größere Maschinen wie die Antonov An-2 gemeinsam verkehren – kann es zu brenzligen Situationen kommen. Zwei tragische Vorfälle in Deutschland und der Schweiz zeigen, wie schnell harmlose Starts durch die unsichtbaren Luftwirbel in lebensbedrohliche Notlagen führen können. Dieser Artikel beleuchtet die physikalischen Hintergründe, dokumentierte Unfälle und gibt konkrete Empfehlungen für Piloten und Flugplatzbetreiber.

Tragische Vorfälle mit verheerenden Folgen

In Deutschland kam es bei einer Flugveranstaltung zu einem folgenschweren Unfall: Eine Robin DR400 startete nur 39 Sekunden nach einer Antonov An-2, dem weltweit größten einmotorigen Doppeldecker. Die DR400 geriet in die massiven Wirbelschleppen der An-2, wurde in Messerfluglage gedrückt und stürzte neben die Piste. Drei der vier Insassen verloren ihr Leben. Die Untersuchungsbehörde verdeutlichte später in einem Video, wie sich die Wirbelschleppen über der Startbahn hielten und warum der Start der DR400 zu früh erfolgte.

Auch in der Schweiz kam es 2016 zu einem schweren Zwischenfall: Kurz nach dem Abheben kippte ein Schulungsflugzeug durch eine Wirbelschleppe plötzlich auf 70 Grad Schräglage. Nur das schnelle Eingreifen des Fluglehrers verhinderte einen Absturz. Dieser Vorfall wurde später in den offiziellen SAND-Sicherheitsmeldungen dokumentiert.

Physik der Wirbelschleppen

Wirbelschleppen entstehen immer dann, wenn ein Luftfahrzeug Auftrieb erzeugt. Die Tragflächen oder Rotorblätter erzeugen dabei gegenläufige Wirbel, die hinter dem Flugzeug wie unsichtbare Tornados in der Luft stehen.

  • Bei Flugzeugen beginnt die Gefahr, sobald das Bugrad abhebt, und endet erst, wenn die Maschine nach der Landung wieder Bodenkontakt hat.
  • Bei Helikoptern besteht sie, solange die Rotorblätter Auftrieb erzeugen – also auch während des Schwebeflugs oder Rollens mit aktiven Rotoren.

Besonders gefährlich sind die Wirbelschleppen schwerer oder langsamer fliegender Maschinen. Große Flugzeuge wie die An-2 oder auch Businessjets hinterlassen Turbulenzen, die sich je nach Wetterlage lange über der Bahn halten können.

Bewährte Faustregeln für mehr Sicherheit

Die Luftfahrtbehörden empfehlen klare Abstände:

  • Zeitabstand: Mindestens zwei Minuten warten, bevor man die Startbahn nach einem vorausfliegenden Flugzeug oder Helikopter kreuzt oder selbst startet.
  • Helikopterbetrieb: Abstand mindestens das Dreifache des Rotordurchmessers beim Rollen, Starten und Landen einhalten.
  • Höhenstaffelung: Bei Anflügen möglichst oberhalb der Wirbelschleppenspur des vorausfliegenden Luftfahrzeugs bleiben und erst hinter dem Aufsetzpunkt landen.

Die FAA hat im Advisory Circular AC 90-23G umfangreiche Empfehlungen zur Vermeidung von Wirbelschleppen veröffentlicht. Auch die europäische EASA und nationale Behörden stellen entsprechende Leitfäden bereit.

Technische Unterstützung durch digitale Tools

Moderne Apps wie ForeFlight oder flysto.net bieten inzwischen Funktionen wie „Wake Turbulence Alerts“ an. Mit der Einführung von ADS-L und der wachsenden digitalen Vernetzung des Luftverkehrs könnten diese Warnsysteme bald in Echtzeit verfügbar sein und Piloten gezielt vor gefährlichen Nachlaufturbulenzen warnen.

Fazit: Wissen schützt Leben

Wirbelschleppen sind unsichtbar, oft unberechenbar und bleiben dennoch beherrschbar, wenn Piloten, Flugschulen und Veranstalter konsequent auf Sicherheitsabstände und Aufklärung setzen. Schulungen, digitale Hilfsmittel und die konsequente Anwendung bewährter Verfahren sind der Schlüssel, um die Risiken zu minimieren. Jeder Zwischenfall zeigt: Nur wer die Gefahr kennt und respektiert, kann sie vermeiden.


Quellverweise:
Staysafe.aero

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