Die TMZ North-East – Hintergrund und Zielsetzung
Die seit 2022 bestehende TMZ North-East wurde eingerichtet, um im Luftraum zwischen St. Gallen-Altenrhein (LSZR) und Friedrichshafen (EDNY) die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Das Gebiet ist geprägt von intensivem IFR-Verkehr, teils in niedrigen Höhen, sowie zahlreichen VFR-Aktivitäten: Motorflug, Segelflug, Fallschirmspringen und Hängegleiten.
Das Ziel der TMZ NE ist es, alle relevanten Luftfahrzeuge auf dem Radar erfassbar zu machen, sodass die Flugsicherung frühzeitig Verkehrshinweise geben kann. Dennoch ersetzt die technische Erfassung nicht das wichtigste Element: das persönliche Situationsbewusstsein jeder Pilotin und jedes Piloten.
Anforderungen in der TMZ NE
Mindestanforderungen für alle Flugzeuge
Für den Einflug in die TMZ NE ist ein Mode-S-Transponder mit Elementary Surveillance vorgeschrieben. Der Transponder wird im Normalfall auf 7000 betrieben. Ausnahmen gelten lediglich für nicht motorisierte Luftsportgeräte wie Hängegleiter, Fallschirme und Modellflugzeuge.
Freiwillige, aber empfohlene Hörbereitschaft
Piloten sollten vor dem Einflug auf Alps Radar (119.925 MHz) wechseln und den Transpondercode 2677 setzen. Dies ermöglicht der Flugsicherung, auf IFR-Verkehr hinzuweisen oder unmittelbare Konflikte zu vermeiden.
Im benachbarten Luftraum der deutschen TMZ EDNY ist diese Hörbereitschaft nicht freiwillig, sondern verpflichtend – ein Unterschied, den viele schweizerische VFR-Piloten nicht immer auf dem Radar haben.
Dokumentation in offiziellen Publikationen
Die relevanten Details zur TMZ NE stehen im VFR Manual (RAC) sowie in der AIP Schweiz unter ENR 2.2. Beide Dokumentationen sollten regelmäßig konsultiert werden, da Anpassungen – z. B. aufgrund neuer Anflugverfahren – jederzeit möglich sind.
IFR-Verkehr in der TMZ – Warum Vektoren, STARs und RNAV-Verfahren wichtig sind
Der IFR-Verkehr in der Region nutzt überwiegend satellitenbasierte RNAV-Anflüge. Diese sind häufig in der charakteristischen ICAO-T-Konfiguration ausgeführt. In Friedrichshafen lässt sich dieses „T“ besonders gut erkennen; in St. Gallen-Altenrhein spielt zusätzlich der VFR-Meldepunkt Victor eine Rolle.
Auch wenn IFR-Anflüge veröffentlicht sind, werden sie in der Praxis häufig durch Vektoren ergänzt. Das Auflinieren auf das Final Approach Segment erfolgt oft im Luftraum Echo – also dort, wo sich auch VFR-Luftfahrzeuge bewegen. Darüber hinaus existieren sowohl STARs (Standard Arrival Routes) als auch SIDs (Standard Instrument Departures), die unterhalb FL100 fast vollständig in Luftraum Echo liegen.
Ein Beispiel: Die STAR zum ILS von St. Gallen-Altenrhein beginnt bereits kurz nach dem VOR ZUE Zürich East unterhalb von 6.500 ft MSL. Damit kreuzen IFR-Anflugwege Strecken, die auch von VFR-Pilotinnen und -Piloten intensiv genutzt werden.
Empfehlungen für VFR-Pilotinnen und -Piloten
1. Hörbereitschaft herstellen
Auch wenn keine Pflicht besteht, verbessert die freiwillige Hörbereitschaft die Wahrscheinlichkeit rechtzeitiger Verkehrshinweise maßgeblich. Mode-S-Transponder zeigen den ATCOs unmittelbar Rufzeichen, Höhe und Flugrichtung an.
2. IFR-Anflugwege im Auge behalten
Ein Blick in die IFR-Charts oder entsprechende Apps hilft zu verstehen, wo IFR-Flugzeuge entlanggeführt werden. Allerdings gilt: STARs, SIDs und Routen sind nicht immer verbindlich. Direct-To-Anweisungen oder Vektorierungen sind häufig und sollten in der eigenen Situational Awareness berücksichtigt werden.
3. Besonders aufmerksam auf oder nahe der verlängerten Centerline
Wer die verlängerte Centerline von EDNY oder LSZR kreuzt, befindet sich potentiell im Flugweg eines IFR-Luftfahrzeugs im Sink- oder Steigflug.
4. Halbkreisregel zur vertikalen Entzerrung beachten
Durch die Einhaltung der Halbkreisregel entstehen 500 ft vertikale Separation, die häufig den entscheidenden Sicherheitsgewinn bringt.
5. Bedeutung der Wolkenabstände ernst nehmen
IFR-Crews müssen außerhalb von Wolken See-and-Avoid anwenden. Der visuelle Scan des Luftraums dauert aber bis zu 20 Sekunden. Bei typischen GA-Geschwindigkeiten bedeutet das: In dieser Zeit werden mehr als 1,5 km über Grund zurückgelegt.
Große vertikale und horizontale Abstände zu Wolken erhöhen die Chance, dass IFR-Crews VFR-Verkehr rechtzeitig erkennen.
Empfehlungen für IFR-Pilotinnen und -Piloten
1. VFR-Verkehr aktiv einplanen
Die ICAO-VFR-Karte zeigt, dass sich im Gebiet der TMZ NE nahezu alle Segelflug- und Motorflugaktivitäten konzentrieren. In der Umgebung der beiden Flughäfen ist besonders zu rechnen mit:
- intensiver Wochenend-Motorflugaktivität
- Segelflug bis weit über 7.000 ft in Thermik
- Fallschirmsprungbetrieben (teils ohne Transponder)
- Hängegleitern an thermisch aktiven Tagen
2. Keine Staffelung durch den ATC erwarten
Im Luftraum E gibt es keine durch ATC gewährte Staffelung zwischen IFR und VFR. Verkehrshinweise sind hilfreich, ersetzen jedoch nicht See-and-Avoid.
3. SERA-Ausweichregeln sind universell
Auch IFR-Pilotinnen und -Piloten haben kein „Vorfahrtrecht“. Das Ausweichverhalten folgt den SERA-Regeln – unabhängig davon, ob ein Flug nach IFR oder VFR durchgeführt wird.
4. Bei drohender Annäherung flexibel reagieren
Der PIC ist verpflichtet einzugreifen, wenn ein Konflikt entsteht – selbst wenn man sich im Verfahren oder unter Radarführung befindet. Sicherheit geht vor Prozedur.
Ergänzende Hinweise aus der Praxis anderer europäischer TMZs
Erfahrungen aus TMZs in Deutschland, Österreich oder Südfrankreich zeigen:
- Die häufigsten AIRPROX-Meldungen entstehen beim Kreuzen der verlängerten Centerline.
- Viele Konflikte werden durch späten Frequenzwechsel verursacht.
- Piloten unterschätzen oft, wie weit IFR-Verkehr seitlich ausweichen muss, um Wetter zu umgehen.
- Die effizientesten Sicherheitsgewinne entstehen durch konsequent genutzte Mode-S-Transponder und Hörbereitschaft, auch wenn dies nicht vorgeschrieben ist.
Diese Muster decken sich stark mit den Beobachtungen in der Ostschweiz.
Fazit
Die TMZ North-East erfüllt eine wichtige Aufgabe, kann jedoch nur dann ihren vollen Nutzen entfalten, wenn Piloten aktiv zur Verkehrssicherheit beitragen. VFR- und IFR-Verkehr teilen sich denselben Luftraum – häufig in niedrigen Höhen und in unmittelbarer Nähe stark frequentierter Anflugrouten. Gute Vorbereitung, fundierte Kenntnis der IFR-Verfahren, konsequente Nutzung des Transponders und eine hohe Aufmerksamkeit im Cockpit bleiben die Eckpfeiler sicherer Flugdurchführung. Jede Maßnahme zur Steigerung des Situationsbewusstseins, ob durch Funkkontakt, Kartenstudium oder Kollisionswarnsysteme, erhöht die Sicherheit in einem dynamischen und anspruchsvollen Luftraum wie der TMZ NE signifikant.
Quellverweise:
Staysafe.aero