Allgemeine Grundlagen der Luftraumfestlegung
Die deutsche Luftraumstruktur orientiert sich an der internationalen Einteilung in die Klassen A bis G. Während die Klassen A bis E als kontrollierte Lufträume gelten, sind die Klassen F und G unkontrolliert. Welche Flugregeln gelten und welche Flugsicherungsdienste erbracht werden, hängt unmittelbar von dieser Klassifizierung ab.
Grundsätzlich sind Lufträume dauerhaft festgelegt. Abweichungen, zeitlich begrenzte Aktivierungen oder flexible Lufträume werden jedoch im Luftfahrthandbuch sowie durch NOTAMs veröffentlicht. Bei vertikal angrenzenden Lufträumen unterschiedlicher Klassen gilt in der gemeinsamen Höhe stets die weniger restriktive Regelung, sofern nichts anderes bestimmt ist. Die Koordinaten der Lufträume werden im weltweit einheitlichen geodätischen Bezugssystem WGS 84 angegeben.
Keine Änderungen bei den Klassen A und B
An der bestehenden Systematik ändert sich in den oberen Lufträumen nichts. Lufträume der Klasse A und B sind weiterhin nicht vorgesehen. Damit bleibt der obere kontrollierte Luftraum oberhalb der unteren ATS-Struktur unverändert und für die Allgemeine Luftfahrt in der Praxis nur im Rahmen von IFR-Flügen relevant.
Neu strukturierter Luftraum Klasse C im Raum Berlin
Die wesentliche Änderung betrifft den kontrollierten Luftraum der Klasse C im Umfeld des Verkehrsflughafens Berlin. Der bisherige Luftraum wird neu gegliedert und in mehrere Teilgebiete mit unterschiedlichen Untergrenzen und teilweise flexibler Aktivierung aufgeteilt. Ziel ist es, den stark zunehmenden Verkehrsfluss besser zu strukturieren und gleichzeitig eine differenziertere Nutzung des unteren Luftraums zu ermöglichen.
Der neu festgelegte Luftraum erstreckt sich seitlich weit über das unmittelbare Flughafenumfeld hinaus und reicht vertikal je nach Teilgebiet von 2500 Fuß über NN bis hinauf zur Flugfläche 100. Damit wird ein großer Teil des bisherigen VFR-Übergangsbereichs in den kontrollierten Luftraum einbezogen.
Staffelung der Teilgebiete nach Höhe und Funktion
Die neue Struktur sieht eine fein abgestufte vertikale Gliederung vor. In zentralen Bereichen beginnt der Luftraum Klasse C bereits ab 2500 Fuß über NN, während angrenzende Zonen erst ab 3500, 4500 oder 5500 Fuß über NN kontrolliert sind. Diese Staffelung erlaubt es, An- und Abflugverfahren präziser abzubilden, reduziert aber gleichzeitig die vertikalen Ausweichmöglichkeiten für den Sichtflugverkehr.
Mehrere Teilbereiche sind als sogenannte HX-Lufträume ausgewiesen. Diese sind nicht permanent aktiv, sondern werden abhängig von der Betriebssituation des Flughafens, insbesondere von Verkehrsaufkommen und Betriebsrichtung, ein- oder ausgeschaltet. Für Pilotinnen und Piloten bedeutet dies, dass die tatsächliche Luftraumstruktur im Einzelfall vom veröffentlichten Grundriss abweichen kann.
Bedeutung der HX-Bereiche für die Flugpraxis
HX-Lufträume stellen besondere Anforderungen an die Flugvorbereitung. Ihre Aktivierung ist zeitlich flexibel und kann sich kurzfristig ändern. Zwar sind die Grunddaten im Luftfahrthandbuch hinterlegt, der tatsächliche Status ergibt sich jedoch erst aus aktuellen NOTAMs und Informationen der Flugsicherung.
Für VFR-Flüge im Berliner Raum wird es damit noch wichtiger, sich vor dem Start umfassend über die aktuelle Luftraumsituation zu informieren. Eine rein kartengestützte Planung reicht nicht mehr aus, insbesondere bei Flügen in Höhenbereichen oberhalb von 3500 Fuß über NN.
Auswirkungen auf den Sichtflugverkehr
Durch die Absenkung der Untergrenzen in mehreren Teilgebieten wird der nutzbare unkontrollierte Luftraum für VFR-Flüge weiter eingeschränkt. Querungen im Raum Berlin erfordern künftig häufiger entweder eine niedrigere Flughöhe oder den Einflug in kontrollierten Luftraum mit entsprechender Freigabe.
Gleichzeitig steigt die Komplexität der Routenplanung. Piloten müssen verstärkt zwischen verschiedenen Höhenbändern wechseln oder gezielt Korridore nutzen, um kontrollierte Bereiche zu vermeiden. Besonders bei längeren Streckenflügen durch Nordostdeutschland wird eine sorgfältige Höhen- und Alternativplanung unerlässlich.
Einordnung aus Sicht der Flugsicherheit
Aus Sicht der Flugsicherung verfolgt die neue Luftraumstruktur ein klares Ziel: die sichere Abwicklung des stetig wachsenden IFR-Verkehrs rund um Berlin bei gleichzeitiger Entflechtung unterschiedlicher Verkehrsströme. Die feinere Staffelung erlaubt es, Ab- und Anflüge besser zu schützen und Konflikte frühzeitig zu vermeiden.
Für die Allgemeine Luftfahrt bedeutet dies jedoch eine weitere Verdichtung der regulatorischen Rahmenbedingungen. Die Grenze zwischen kontrolliertem und unkontrolliertem Luftraum wird komplexer und dynamischer, was höhere Anforderungen an Ausbildung, Situational Awareness und Disziplin stellt.
Fazit: Mehr Struktur, mehr Komplexität
Die Neufestlegung des Luftraums der Klasse C im Raum Berlin markiert einen weiteren Schritt hin zu einer stärker regulierten unteren Luftraumstruktur. Während die Maßnahme aus Sicht der Verkehrssicherheit nachvollziehbar ist, erhöht sie für Privatpilotinnen und -piloten den Planungsaufwand und reduziert den verfügbaren Handlungsspielraum.
Wer künftig im Großraum Berlin fliegen möchte, kommt nicht umhin, sich intensiv mit der neuen Luftraumstruktur auseinanderzusetzen. Eine sorgfältige Flugvorbereitung, die konsequente Nutzung aktueller Informationen und ein defensiver Flugstil werden entscheidend sein, um auch in dem neu gegliederten Luftraum sicher und regelkonform unterwegs zu sein.
Quellverweise:
NFL (der Link erfordert ein Abo bei Eisenschmidt)
