Ein neuer Ansatz zur Integration unbemannter Luftfahrzeuge
In den vergangenen Jahren hat der Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge stark zugenommen – sowohl im gewerblichen Bereich (Inspektionen, Vermessung, BOS-Einsätze) als auch in Forschung und Testbetrieb. Gleichzeitig konzentriert sich der Flugverkehr in Deutschland in und um Kontrollzonen der Klasse D, die um große und mittlere Verkehrsflughäfen eingerichtet sind.
Drohnenoperationen sind in diesen Bereichen besonders sensibel, da IFR-Verkehr häufig in niedrigen Höhen geführt wird, An- und Abflugrouten eng strukturiert sind und die Luftraumkoordination höchste Priorität hat. Die neue Regelung schafft nun rechtliche und operationelle Klarheit.
Herausnahme von UAS-Sektoren aus Kontrollzonen – was bedeutet das?
Die Kernaussage der Bekanntmachung:
Aus bestimmten Bereichen der Kontrollzonen (Luftraum D) werden Sektoren herausgelöst, in denen spezielle Regeln für Drohnen gelten. Innerhalb dieser Sektoren wird der Luftraum, sofern aktiviert, grundsätzlich wie Luftraum G behandelt – unabhängig davon, dass er geografisch innerhalb der Kontrollzone liegt.
Das bedeutet:
- keine generelle ATC-Freigabe für UAS-Flüge erforderlich
- eigene, sektorbezogene Bedingungen gelten
- vereinfachte Nutzung für genehmigte Betreiber
Diese Sektoren sind in der Regel dauerhaft aktiv, sofern sie nicht für bestimmte Flugplatzsituationen zeitweise deaktiviert werden müssen.
Wie diese Sektoren festgelegt werden
Es gibt zwei Arten der Festlegung:
1. Bundesweit durch das Verkehrsministerium
In diesem Fall werden die Sektoren in den Nachrichten für Luftfahrer veröffentlicht. Diese Form der Veröffentlichung ist besonders relevant für Flugplätze mit umfangreichen Drohnenaktivitäten oder spezifischen Betriebsanforderungen.
2. Lokal durch Betriebsabsprachen
Hier schließen die zuständige Flugsicherungsorganisation (in der Regel DFS oder DFS Aviation Services) und der jeweilige UAS-Nutzer eine verbindliche Betriebslösung.
Solche Absprachen sind typisch für:
- Forschungseinrichtungen
- Universitäten
- Erprobungsgebiete
- Polizeiliche oder rettungsdienstliche Drohnenstützpunkte
- Betreiber von großflächigen Inspektionsmissionen
Diese flexible Handhabung ermöglicht es, Sektoren passgenau an die realen Bedürfnisse vor Ort anzupassen.
Schutz des IFR- und VFR-Verkehrs
Ein zentraler Bestandteil der neuen Regelung ist die Verpflichtung der Flugsicherungsorganisation, sicherzustellen, dass:
- IFR-Flüge ausreichend laterale und vertikale Abstände zu UAS-Sektoren einhalten
- VFR-Flüge nicht in diese Sektoren eindringen
Damit wird klar:
Obwohl der UAS-Sektor rechtlich wie Luftraum G behandelt wird, bleibt er für den bemannten Verkehr tabu. Der Drohnenbetrieb muss so organisiert sein, dass keine Konflikte mit VFR-Flügen entstehen, und IFR-Flüge werden so geführt, dass sie den neuen Sektoren nicht zu nahe kommen.
Die Bekanntmachung verweist dabei ausdrücklich auf die parallel veröffentlichte Regelung zu vertikalen Abständen zwischen IFR-Verkehr und Luftraumgrenzen, die ebenfalls ab Ende 2025 gilt.
Warum diese Neuerung für die Luftfahrt relevant ist
1. Wachsende Drohnennutzung erfordert neue Strukturen
Drohnen werden zunehmend für kritische Anwendungen genutzt:
- Inspektionen von Stromtrassen und Schienen
- BOS-Einsätze
- medizinische Transportflüge
- behördenübergreifende Lageeinsätze
- Forschungsmissionen
Der bisherige „Sondergenehmigungsbetrieb“ reicht für viele dieser professionellen Einsätze nicht mehr aus. Die neuen Sektoren schaffen planbare, dauerhafte Strukturen.
2. Entlastung der Flugsicherung
Die Integration einzelner Drohnenflüge in Kontrollzonen erzeugte bislang erheblichen administrativen Aufwand. Mit eigenen Sektoren kann dieser Verkehr räumlich getrennt organisiert werden.
3. Mehr Sicherheit durch klare räumliche Abgrenzung
UAS-Sektoren entflechten den Luftraum: Drohnen bleiben in definierten Bereichen, bemannter Verkehr außerhalb. Das reduziert Konflikte, insbesondere in niedrigeren Höhen, wo IFR-Verkehr oft geführt wird.
4. Vorbereitung auf zukünftige U-Space-Strukturen
Die EU-Regelungen zu U-Space werden mittelfristig zu weitgehend automatisierten Drohnenkorridoren führen. Die jetzt eingerichteten Sektoren sind ein Vorläufer solcher Strukturen und ermöglichen den Einstieg in ein stärker digitalisiertes und koordiniertes Drohnenmanagement.
Inkrafttreten und praktische Auswirkungen
Die neue Regelung tritt am 27. November 2025 in Kraft.
Mit diesem Datum wird gleichzeitig das NfL 2025-1-3643 aufgehoben.
Für die Praxis bedeutet das:
- Flugschulen sollten die Änderungen in ihr Unterrichtsmaterial aufnehmen
- VFR-Piloten müssen sich künftig bewusst sein, dass innerhalb von Kontrollzonen UAS-Sektoren existieren, die sie meiden müssen
- Betreiber von Drohnen erhalten einfachere, klar definierte Zugangsmöglichkeiten
- Flugleiter, FIS-Stellen und ATC-Einrichtungen müssen ihre internen Verfahren anpassen
- die ICAO-Karten werden künftig entsprechende Sektorgrenzen abbilden
Fazit
Mit der Einführung von UAS-Sektoren innerhalb der Kontrollzonen führt Deutschland ein modernes Instrument zur Integration unbemannter Luftfahrzeuge ein. Die klare Abtrennung der Bereiche vermindert Konflikte zwischen Drohnenbetrieb und bemanntem Verkehr, erhöht die Transparenz und schafft die Grundlage für ein effizienteres Luftraummanagement der Zukunft.
Für die allgemeine Luftfahrt bedeutet dies vor allem: mehr Struktur, mehr Sicherheit – und die Notwendigkeit, sich mit den neuen Luftraumelementen intensiv vertraut zu machen.
Quellverweise:
NFL (der Link erfordert ein Abo bei Eisenschmidt)