Ende der bilateralen Anerkennung nach fast 30 Jahren
Die bisherige gegenseitige Anerkennung österreichischer und deutscher Gleitschirm- und Hängegleiterlizenzen beruhte auf einer Vereinbarung aus dem Jahr 1996. Diese erleichterte Piloten die Teilnahme am Flugbetrieb beider Länder erheblich. Viele deutsche Pilotinnen und Piloten entschieden sich für eine Ausbildung in Österreich – sei es wegen regionaler Nähe, kürzerer Ausbildungszeiten oder intensiver Schulungsangebote im Alpenraum.
Mit Ablauf des 31. Dezember 2025 wird diese Regelung jedoch vollständig aufgehoben. Ab diesem Zeitpunkt verlieren österreichische Lizenzen für in Deutschland wohnhafte Piloten ihre automatische Gültigkeit. Das betrifft insbesondere jene, die ab 2026 eine Ausbildung beginnen oder neu eine Lizenz erwerben wollen.
Neue Anforderungen ab 1. Januar 2026
Ab 2026 benötigen Pilotinnen und Piloten mit ständigem Wohnsitz in Deutschland zwingend einen deutschen Luftfahrerschein nach § 4 Absatz 1 LuftVG. Das bedeutet:
- eine gültige österreichische Lizenz reicht nicht mehr aus
- die Anerkennung der österreichischen Ausbildung erfolgt nur teilweise
- die abschließende Prüfung und Lizenzerteilung müssen in Deutschland erfolgen
Damit treten für die Ausbildung klare nationale Zuständigkeitsregeln in Kraft, die den Prozess vereinheitlichen sollen.
Rolle des DHV – zentrale Stelle für Anerkennung und Prüfung
Der Deutsche Gleitschirm- und Drachenflugverband (DHV) wird ab 2026 alleiniger Ansprechpartner für:
- die Anerkennung von Ausbildungsleistungen österreichischer Flugschulen
- die Abnahme der theoretischen und praktischen Prüfungen
- die Erteilung des deutschen Luftfahrerscheins
Damit wird die Ausbildungslandschaft für Gleitschirm- und Hängegleiterpiloten stärker in Deutschland verankert. Pilotinnen und Piloten, die ihre Grundausbildung in Österreich absolviert haben, müssen den Weg über den DHV gehen, um eine in Deutschland gültige Lizenz zu erhalten.
Bestandsschutz für bereits erworbene Lizenzen
Für deutsche Pilotinnen und Piloten, die ihre österreichische Lizenz bis zum 31. Dezember 2025 erwerben, gilt ein umfassender Bestandsschutz. Sie dürfen auch weiterhin in Deutschland fliegen. Wichtige Punkte:
- der Lizenzbesitz bleibt gültig
- es ist kein zusätzlicher deutscher Luftfahrerschein erforderlich
- die in Deutschland geltenden Sicherheitsvorschriften müssen eingehalten werden
Dazu gehören insbesondere die Regelungen zur fliegerischen Übung nach § 45 Abs. 4 und § 45a LuftPersV. Wer länger nicht geflogen ist, muss seine fliegerische Kompetenz durch Auffrischungsschulungen oder Flüge unter Aufsicht neu bestätigen.
Gründe für die Neuregelung – ein Blick auf das größere Bild
Auch wenn das BMDV die Maßnahme formal lediglich als Aufhebung einer alten Vereinbarung kommuniziert, lassen sich mehrere strukturelle Motive erkennen:
- Harmonisierung der Ausbildung: Deutschland möchte sicherstellen, dass alle inländischen Piloten nach denselben Standards geprüft werden.
- Sicherheitsaspekte: Einheitliche Prüfungswege erleichtern behördliche Aufsicht, Unfallanalysen und die Einführung neuer Sicherheitsprogramme.
- Zuständigkeitsklarheit: Mit dem DHV als alleiniger Prüfinstanz entsteht weniger Verwaltungsaufwand und eine eindeutige rechtliche Zuordnung.
Darüber hinaus folgt Deutschland einem Trend, der in vielen Bereichen des Luftsports sichtbar ist: nationale Standards werden gestärkt, internationale Sonderwege reduziert.
Auswirkungen auf Pilotinnen und Piloten
Für aktive und angehende Piloten ergeben sich je nach Situation unterschiedliche Konsequenzen:
Für Piloten mit österreichischer Lizenz vor dem 31.12.2025:
- Weiterfliegen in Deutschland möglich
- Geltung der deutschen Sicherheits- und Übungsvorschriften
- kein zusätzlicher Lizenzweg erforderlich
Für Piloten in Ausbildung in Österreich:
- Erwerb der Lizenz muss bis zum Jahresende 2025 abgeschlossen sein
- ab 2026 ist ein deutscher Luftfahrerschein Pflicht
Für Piloten, die ab 2026 starten wollen:
- vollständige Ausbildung über deutsche Flugschulen oder
- Anerkennung der österreichischen Ausbildungsteile, jedoch mit DHV-Prüfung
Reaktionen in der Szene
In Flugschulen und Vereinen wird die Neuregelung unterschiedlich aufgenommen. Während deutsche Fluglehrer mehr Einheitlichkeit begrüßen, sehen österreichische Schulen den Verlust deutscher Schüler kritisch. Viele Piloten bedauern vor allem den Wegfall der unkomplizierten beidseitigen Anerkennung, die über Jahrzehnte gut funktionierte.
Gleichzeitig erwarten manche Experten langfristig Vorteile: klarere Zuständigkeiten, bessere Datengrundlagen zu Sicherheitsentwicklungen und eine harmonisierte Ausbildung könnten die Qualität im Sport insgesamt erhöhen.
Fazit
Die Aufhebung der seit 1996 bestehenden gegenseitigen Anerkennung österreichischer und deutscher Gleitschirm- und Hängegleiterlizenzen markiert einen tiefen Einschnitt für den motorlosen Flugsport. Während bestehende Piloten durch großzügigen Bestandsschutz kaum Einschränkungen erfahren, wird der Ausbildungsweg für neue Pilotinnen und Piloten deutlich nationaler geprägt. Die zentrale Rolle des DHV schafft Klarheit und einheitliche Standards, stellt jedoch auch höhere organisatorische Anforderungen an alle, die künftig mit dem Gleitschirm oder Hängegleiter in Deutschland fliegen möchten.
Mit dem 1. Januar 2026 beginnt damit ein neues Kapitel in der Ausbildung und Lizenzierung dieser Luftsportarten – eines, das mehr Struktur, aber auch mehr Verantwortung für jeden Einzelnen mit sich bringt.
Quellverweise:
NFL (der Link erfordert ein Abo bei Eisenschmidt)