Hintergrund der Bekanntmachung
Die DFS Deutsche Flugsicherung hat auf Grundlage der Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) die angewandten Verfahren für den Betrieb bei geringer Sicht (Low Visibility Operations, kurz LVO) offiziell bekanntgegeben. Diese Verfahren gelten an den wichtigsten internationalen und regionalen Flughäfen Deutschlands, darunter Frankfurt am Main, München, Düsseldorf, Hamburg, Köln/Bonn sowie weitere Standorte. Ziel ist die Harmonisierung und Klarstellung der Abläufe für den sicheren Flugbetrieb, insbesondere in den Herbst- und Wintermonaten, wenn Nebel und niedrige Wolkenuntergrenzen den Flugverkehr stark beeinträchtigen können.
Definitionen und Begriffe
Die neuen Regelungen arbeiten mit einer klaren Definition der Betriebsarten bei eingeschränkter Sicht:
- Low Visibility Operations (LVO): Umfasst An- und Abflüge bei Pistensichtweiten (Runway Visual Range, RVR) von unter 550 Metern und/oder Entscheidungshöhen von weniger als 200 Fuß. Auch Rollbewegungen bei RVR unter 550 Metern fallen darunter.
- Low Visibility Take-Off (LVTO): Startverfahren bei Sichtweiten unter 550 Metern. An deutschen Flughäfen kommen diese Verfahren oft schon ab 600 Metern zur Anwendung, um den Betrieb stabil zu halten.
- Guided Take-Off: Ein Start, bei dem nicht allein visuelle Anhaltspunkte genutzt werden, sondern auch technische Systeme wie der ILS-Landekurssender. Dieser Modus greift bei extrem eingeschränkter Sicht ab 125 Metern RVR, jedoch nicht unter 75 Metern.
- Verfahren bei reduzierten Flugplatzsichtbedingungen (Stufe 3): Spezielle Maßnahmen auf dem Rollfeld bei Sichtweiten von 300 Metern oder weniger, um Mindestabstände zwischen Luftfahrzeugen und Bodenfahrzeugen ohne visuelle Referenz sicherzustellen.
Darüber hinaus definieren die Regelungen die Kategorien CAT II und CAT III der Instrumentenlandesysteme, die präzise Anflüge auch bei sehr geringen Sichtverhältnissen erlauben.
Praktische Umsetzung an Flughäfen
Die Anwendung der Verfahren wird stufenweise aktiviert, abhängig von Pistensichtweite und Wolkenuntergrenze:
- Ab einer RVR von 1000 Metern oder weniger (bzw. einem lokal höheren Wert):
- Aktivierung von Notstromsystemen für visuelle und nicht-visuelle Landehilfen.
- Freihalten der sogenannten Critical Areas der ILS-Anlagen, um Signalstörungen durch Fahrzeuge oder Personen zu vermeiden.
- Ab einer RVR von 600 Metern oder weniger bzw. einer Wolkenuntergrenze unter 200 Fuß:
- Ausschaltung der Gleitwinkelbefeuerung und des EFAS (Electronic Flight Aid System).
- Einschaltung der Pistenmittellinienbefeuerung, die Piloten beim Rollen und Starten eine klare Orientierung gibt.
Damit werden die Flughäfen in die Lage versetzt, auch unter widrigen Wetterbedingungen einen geregelten Flugbetrieb sicherzustellen.
Bedeutung für Piloten und Fluggesellschaften
Für Fluggesellschaften und Besatzungen bedeutet die Umsetzung dieser Verfahren einen hohen Standardisierungsgrad, der Planungssicherheit schafft. Piloten müssen sich mit den erweiterten Verfahren vertraut machen, da Starts und Landungen bei Nebel oder starker Einschränkung der Sicht im IFR-Betrieb (Instrumentenflugregeln) strengen Vorgaben folgen.
Die Regelungen stellen sicher, dass:
- ILS-Signale frei von Störungen bleiben, die ansonsten durch Rollverkehr in unmittelbarer Nähe beeinträchtigt werden könnten.
- Mindestabstände beim Rollen auch dann gewährleistet sind, wenn visuelle Referenzen fehlen.
- Bodeninfrastruktur wie Befeuerungssysteme angepasst und frühzeitig aktiviert wird.
Damit werden sowohl die Sicherheit als auch die Effizienz des Flugverkehrs gestärkt.
Internationale Einordnung
Im internationalen Vergleich bewegt sich Deutschland mit den neuen Regelungen auf Augenhöhe mit anderen europäischen Ländern. Auch die EASA (European Union Aviation Safety Agency) schreibt vergleichbare Standards vor. Länder mit stark frequentierten Flughäfen wie Frankreich, Großbritannien oder die Niederlande haben ähnliche Vorgaben, die den Betrieb auch bei dichten Nebellagen aufrechterhalten.
Besonders in Frankfurt, München und Düsseldorf sind die Kapazitäten stark vom Nebelgeschehen im Winter abhängig. Durch die konsequente Anwendung der Low Visibility Procedures bleibt der Betrieb auch in kritischen Wetterphasen weitgehend stabil.
Fazit
Die DFS schafft mit den neuen Verfahren bei geringer Sicht ein verlässliches und europaweit vergleichbares Regelwerk. Piloten, Fluggesellschaften und Fluggäste profitieren von einem erhöhten Sicherheitsniveau und einer besseren Planbarkeit.
Quellverweise:
NFL (der Link erfordert ein Abo bei Eisenschmidt)