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Neue Sicherheitshinweise für Rotax-912S-Motoren: LBA und EASA reagieren auf wiederholte Störungen

Zuletzt aktualisiert am 23. August 2025
Seit mehreren Jahren beschäftigen Zwischenfälle mit Rotax 912 S Flugmotoren Behörden, Hersteller und Betreiber gleichermaßen. Wiederholte Leistungsverluste und motorbedingte Störungen haben die europäische Luftfahrtaufsicht EASA, das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) und die Hersteller zu einem koordinierten Maßnahmenpaket veranlasst. Mit der neuesten Revision des Rotax Service Bulletin SB-912-079 R2 vom Februar 2025 wurden verbindliche Vorgaben präzisiert. Das LBA hat nun ergänzende Hinweise veröffentlicht, um Halter, Piloten und Instandhaltungsbetriebe für die Umsetzung der Anforderungen zu sensibilisieren.

Hintergrund: Task Force für Flugsicherheit
Die Vielzahl an Ereignismeldungen im Zusammenhang mit Rotax-Motoren führte bereits 2023 zur Einrichtung einer speziellen „Task Force“. In dieser Arbeitsgruppe wirken EASA, nationale Luftfahrtbehörden wie das LBA (Deutschland), das BAZL (Schweiz), Austrocontrol (Österreich) sowie der Hersteller Rotax selbst eng zusammen. Ziel ist es, die Ursachen für Störungen systematisch zu analysieren und präventive Maßnahmen zu entwickeln.

Rotax 912-Motoren gehören zu den weltweit am weitesten verbreiteten Triebwerken in der allgemeinen Luftfahrt. Sie werden sowohl in EASA-zugelassenen Kleinflugzeugen als auch in einer Vielzahl von Ultraleicht- und Motorsegler-Mustern eingesetzt. Angesichts der großen Flottenzahl haben selbst einzelne Störungen potenziell weitreichende sicherheitsrelevante Bedeutung.

Das Service Bulletin SB-912-079 R2
Im November 2024 veröffentlichte Rotax die erste Version des Service Bulletins 912-079, das sich mit Maßnahmen zur Vermeidung von Leistungsverlusten und Motorschäden befasste. Aufgrund zahlreicher Rückmeldungen erfolgte im Februar 2025 die Revision 2. Darin werden unter anderem Anforderungen an Treibstoffqualität, Abgasanlagen, Vergaservorwärmung, Kühlung und Zündsysteme präzisiert.

Wichtige Punkte sind:

  • Anpassung der Handbücher durch die Luftfahrzeughersteller bis spätestens Februar 2026.
  • Klare Abgrenzung, welche Dokumente für welche Flugzeugmuster gelten (Installation Manuals bei Musterzulassung).
  • Konkretisierung von Prüf- und Wartungsschritten, die im Rahmen der 100-Stunden-Kontrollen oder bei Auffälligkeiten verpflichtend sind.
  • Zusätzliche Prüfungen bei Motoren mit geringer Laufzeit (<400 Stunden), etwa bei der Differenzial- und Kurbelgehäusedruckprüfung.

Pflichten für Hersteller, Betreiber und Piloten
Das Bulletin richtet sich gleichermaßen an die Flugzeughersteller (TC-Holder), die Betreiber sowie an Piloten. Hersteller sind verpflichtet, Handbücher und Checklisten entsprechend anzupassen. Betreiber und Piloten wiederum müssen sich an die vom Hersteller veröffentlichten Dokumente halten und Änderungen unmittelbar umsetzen. Flugschulen (ATOs) sind verpflichtet, die Vorgaben in ihre Ausbildungsunterlagen zu integrieren, sodass Flugschüler und Piloten-in-Command diese Verfahren korrekt anwenden können.

Besonders hingewiesen wird auf die richtige Treibstoffauswahl (mindestens RON 95, häufig empfohlen RON 98) sowie die sachgemäße Nutzung der Vergaservorwärmung. Fehler in diesen Bereichen zählen laut Erfahrungsberichten zu den häufigsten Ursachen für Leistungsverluste.

Anforderungen an die Instandhaltung
Wartungsbetriebe und freigabeberechtigtes Personal (Part-66-Lizenzen B1.2, B3 oder L2) müssen die Vorgaben bei Inspektionen und Reparaturen beachten. Typische Schwerpunkte sind:

  • Abgasanlage: Kontrolle auf unzulässige Modifikationen, Risse oder Schweißnähte, die den Abgasfluss verändern könnten.
  • Kühlung: Prüfung der Einhaltung von Temperaturgrenzen, insbesondere im Sommerbetrieb.
  • Zündsystem: Überprüfung der Kabelverlegung, Spulen und des Advanced Start Modules.
  • Vergaservorwärmung und Airbox: Funktionsprüfung und Sichtkontrolle auf Undichtigkeiten.
  • Propelleranpassung: Sicherstellen, dass Fest- oder Verstellpropeller im Einklang mit dem Handbuch eingestellt sind.

Viele Maßnahmen überschneiden sich mit den ohnehin vorgeschriebenen Punkten der 100h-Kontrolle, sollen jedoch im Bordbuch eindeutig dokumentiert werden.

Meldepflichten bei Störungen
Besonderes Augenmerk legt das LBA auf die rechtzeitige Meldung von sicherheitsrelevanten Vorkommnissen. Betreiber sind verpflichtet, Störungen über das europäische Meldeportal ECCAIRS2 einzureichen. Diese Meldungen werden automatisch an die zuständigen Stellen wie das LBA, den Hersteller und ggf. Rotax weitergeleitet. Rotax hat zudem ein eigenes Online-Meldetool geschaffen, das seit Mai 2025 verfügbar ist.

Die Meldungen sind ein zentraler Baustein zur Verbesserung der Sicherheit: Sie ermöglichen es, Muster zu erkennen, Ursachenketten nachzuvollziehen und gegebenenfalls Lufttüchtigkeitsanweisungen (ADs) zu erlassen.

Ausblick: Zusammenarbeit für höhere Sicherheit
Obwohl die Sicherheitshinweise keine unmittelbare Rechtsverbindlichkeit entfalten, sind sie ein wichtiges Instrument zur Sensibilisierung. Die enge Kooperation von Behörden, Herstellern und Betreibern verdeutlicht, dass Flugsicherheit in der Allgemeinen Luftfahrt zunehmend international und vernetzt gedacht werden muss.

Für Piloten und Halter von Flugzeugen mit Rotax-Motoren bedeutet dies: erhöhte Aufmerksamkeit für Treibstoffqualität, konsequente Wartung und die gewissenhafte Umsetzung der Service Bulletins. Nur so lassen sich Motorstörungen frühzeitig vermeiden und die hohe Verlässlichkeit der Rotax-Triebwerke langfristig sicherstellen.


Quellverweise:
LBA

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