Um mit einer Ausbildung beginnen zu können (bzw. spätestens zum ersten Soloflug im Rahmen der praktischen Ausbildung), muss ein dafür zugelassener Fliegerarzt die notwendige medizinische Tauglichkeit bescheinigen. Es gibt drei Tauglichkeits-Klassen:
- Class LAPL – Notwendiges Medical für die Erlangung einer LAPL-Lizenz
- Für eine UL-Lizenz ist ebenfalls ein LAPL Medical nötig, falls das Luftsportgerät eine höchstzulässige Leermasse von 120 kg überschreitet
- SPL wenn kein gewerblicher Flugbetrieb vorgesehen ist
- Class 2 – Notwendiges Medical für PPL-Lizenzen
- Class 1 – Notwendiges Medical für Berufspiloten (CPL, ATPL oder MPL)
Wird eine der Lizenzen um eine Nachtfluglizenz erweitert, muss der Pilot «farbensicher» sein, was daher in der entsprechenden Tauglichkeitsüberprüfung mit geprüft wird. Auch für ein IFR-Rating gibt es zum Class 2 Medical erweiterte Anforderungen, die aber in einer typischen Class 2 Untersuchung mit geprüft werden.
Nachfolgend gehen wir auf die Anforderungen der verschiedenen Tauglichkeitsklassen ein und geben eine Übersicht, was jeweils Teil der Untersuchung ist.
Antrag, Verlängerung, Erneuerung
Grundsätzlich kann ein Medical entweder bei einem flugmedizinischen Zentrum oder einem zugelassenen Fliegerarzt erworben werden. Bei der erstmaligen Untersuchung muss ein Ausweis, eine unterzeichnete Erklärung zur Krankheitsgeschichte, sowie Informationen zu Ergebnissen etwaiger früherer Tauglichkeitsuntersuchungen vorgelegt werden. Bei der Verlängerung eines Medicals muss natürlich das jeweils letzte Medical eingereicht werden.
Für die erstmalige Erteilung eines Medicals gilt je nach Medical:
- Class 1 Medicals dürfen nur von einem zertifizierten flugmedizinischen Zentrum durchgeführt werden
- Class 2 und LAPL Medicals können hingegen auch von einem Fliegerarzt durchgeführt werden.
Die Verlängerung eines Medicals kann dann für alle Klassen bei einem entsprechenden Fliegerarzt erfolgen.
Die LAPL und Class 2 Medicals haben geringere medizinische Anforderungen an die Tauglichkeit als Class 1 Medicals. Andersherum gilt: Ein Class 1 Medical hat die höchsten Anforderungen und inkludiert alle Aspekte und auch Rechte, die mit Class 2 und LAPL Medicals einhergehen. Ebenso inkludiert ein Class 2 Medical alle Aspekte und Rechte, die mit einem LAPL Medical einhergehen. Die Gültigkeit des Medicals richtet sich nach der Klasse, sowie nach dem Alter des Bewerbers.
- Das LAPL und Class 2 Medical für Personen bis zur Vollendung des 40ten Lebensjahres ist für 60 Monate gültig und muss dann durch eine erneute Untersuchung bei einem Fliegerarzt verlängert werden.
- Zwischen 40 und 50 Jahren beträgt die Gültigkeit 24 Monate und ab dem 50ten Lebensjahr 12 Monate für PPL-Inhaber und 24 Monate für LAPL-Piloten.
- Die Gültigkeit von Class 1 Medicals beträgt 12 Monate. Sie wird auf 6 Monate reduziert, wenn der Pilot älter als 40 ist und nur wenn es um die Beförderung von Personen geht. Generell wird die Gültigkeit auf 6 Monate reduziert, wenn der Pilot des 60. Lebensjahr vollendet hat.
Die «Verlängerung» eines Medicals kann bis zu 45 Tage vor dem Ablaufdatum durchgeführt werden. Verpasst man die Frist und ist die Gültigkeit seit weniger als 2 Jahren abgelaufen, so bedarf es einer «Erneuerung». Ist die Frist seit mehr als 5 Jahren verstrichen muss eine erneute medizinische Untersuchung durchgeführt werden, welche die gleichen Kriterien erfüllen muss, wie eine erstmalige Untersuchung. Ist ein Medical abgelaufen gilt grundsätzlich: Fliegen als Pilot ist nicht erlaubt!
Ein Medical kann auch mit Einschränkungen ausgestellt werden (z.B. die Einschränkung, dass nur mit einem anderen qualifizierten Piloten geflogen werden darf, oder dass keine Personen befördert werden dürfen). Solche Einschränkungen sind aber eher die Ausnahme.
Medizinische Anforderungen für die Ausstellung eines Medicals
Wir wollen und können hier keine medizinische Beratung geben. Letztendlich gilt: Der Fliegerarzt oder das flugmedizinische Zentrum führt die entsprechend normierten Untersuchungen durch und bescheinigt die Tauglichkeit, oder eben nicht. Die nachfolgenden Auflistungen sind dem Part-Med entnommen und sollen lediglich einen groben Überblick geben, worum es bei der Untersuchung geht.
Allgemeine medizinische Anforderungen
Bewerber sind als «untauglich zu beurteilen, wenn sie einen der folgenden medizinischen Befunde aufweisen, der dazu führt, dass sie funktional so stark beeinträchtigt werden, dass die sichere Ausübung der mit der beantragten Lizenz verbundenen Rechte wahrscheinlich gefährdet wird oder sie wahrscheinlich plötzlich außerstande gesetzt werden, diese Rechte auszuüben.
- angeborene oder erworbene Normabweichungen;
- aktive, latente, akute oder chronische Erkrankungen oder Behinderungen;
- Wunden, Verletzungen oder Operationsfolgen;
- Wirkungen oder Nebenwirkungen eines für therapeutische, diagnostische oder präventive Zwecke angewandten bzw. eingenommenen verschreibungspflichtigen oder nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels.»
(Auszug aus den Part-Med).
Anforderungen an Class 1 und Class 2 Medicals
Nachfolgend eine Übersicht der verschiedenen Aspekte die im Rahmen des Medicals untersucht werden. Dabei sind die Anforderungen an Class 1 höher als diejenigen an Class 2 Medicals. Ein Beispiel: Als Class 1 untauglich gilt jemand nach einer Herz- oder Herz-Lungen Transplantation. Dies ist bei Class 2 jedoch nicht zwangsläufig der Fall.
Details was in den nachfolgenden Bereichen genau untersucht wird, können hier nicht gegeben werden. Die Auflistung soll als grober Leitfaden dienen, damit man versteht, was Teil der Untersuchung ist:
- Herz-Kreislauf-System
- Lunge und Atemwege
- Verdauungssystem
- Stoffwechsel- und endokrines System
- Hämatologie
- Urogenitalsystem
- Infektionskrankheiten
- Geburtshilfe und Gynäkologie
- Bewegungsapparat
- Mentale Gesundheit
- Neurologie
- Sehorgan
- Farberkennung
- Hals, Nase, Ohren
- Dermatologie
- Onkologie
Auf das Thema «Sehschärfe» möchten wir hier noch einmal im Detail eingehen, da sich viele Bewerber die Frage stellen, ob man mit einer Brille oder Kontaktlinsen Pilot werden kann. Die Antwort lautet: Ja!
Folgende Regelungen gelten hierzu für Class 1 und 2 Medicals:
Allgemeine Sehschärfe:
- Für Class 1: Jedes Auge muss getrennt einen Fernvisus (umgangssprachlich «Sehstärke») von mindestens 0.7 und bei beidäugigem Sehen mindestens den Wert 1.0 erreichen. Wichtig: Das gilt für den unkorrigierten oder korrigierten Wert. Im Klartext: Für Brillenträger muss diese Sehstärke mit Brille oder Kontaktlinsen erreicht werden.
- Für Class 2: Jedes Auge muss getrennt einen Fernvisus von mindestens 0.5 und bei beidäugigem Sehen mindestens den Wert 0.7 erreichen. Auch hier gilt: Die Werte sind mit Sehhilfe zu erreichen.
Bei Kurz- oder Weitsichtigkeit gilt:
- Für Class 1: Bei einer Kurzsichtigkeit von mehr als -6,0 Dioptrien, einer Weitsichtigkeit von mehr als +5,0 Dioptrien, einer Anisometropie (Ungleichsichtigkeit der Augen) von mehr als 2,0 Dioptrien oder bei Astigmatismus (Stabsichtigkeit oder Hornhautverkrümmung) von mehr als 2,0 Dioptrien, müssen Bewerber an den medizinischen Sachverständigen der Genehmigungsbehörde verwiesen werden. Dort gilt: Bewerber «können vorbehaltlich einer zufriedenstellenden augenärztlichen Beurteilung als tauglich beurteilt werden».
- Hierbei soll für angehende Berufspiloten aber erwähnt werden, dass einige Airlines hier höhere Anforderungen setzen. Einige Airlines fordern bspw. geringere Dioptrienwerte von z.B. +/- 3,0. Dies muss dann individuell angeschaut werden.
- Für Class 2 gibt es keinerlei Anforderungen bzgl. Kurz- oder Weitsichtigkeit.
Für das Tragen von Brillen oder Kontaktlinsen gilt:
- Die Brille oder Kontaktlinsen sind selbstverständlich beim Fliegen zu tragen.
- Wird eine Brille für die Nahsicht benötigt, so muss diese im Flug immer griffbereit sein.
- Eine Ersatzbrille muss jederzeit griffbereit sein.
- Kontaktlinsen dürfen keine Färbung aufweisen und müssen gut verträglich sein.
Sonstige Aspekte zum Sehvermögen:
- Class 1 Bewerber, die keine normale Binokularfunktion haben oder an Diploplie leiden werden als untauglich eingestuft; das gleiche gilt auch für den Fall, dass Bewerber «keine normalen Gesichtsfelder aufweisen und wenn dieser medizinische Befund wahrscheinlich die sichere Ausübung der mit der Lizenz verbundenen Rechte gefährdet»
- Nach einer Augenoperation bedarf es zuerst der vollständigen Wiederherstellung des Sehvermögens
- Farben müssen erkannt werden können (für Class 1 gilt dies generell, für Class 2 und LAPL Medical muss dies für eine Nachtflugberechtigung gegeben sein).
Anforderungen an LAPL Medicals
Die Anforderungen an LAPL Medicals sind erheblich vereinfacht. Es obliegt dem zuständigen Arzt, den Bewerber nach der «besten flugmedizinischen Praxis zu beurteilen». Es wird insbesondere auf die Krankheitsgeschichte geschaut.
Für die Erstbeurteilung, sowie für Medical-Verlängerungen für Patienten die älter als 50 sind, sowie jederzeit, wenn der Arzt es als notwendig erachtet, muss die Untersuchung die folgenden Punkte umfassen:
- eine klinische Untersuchung
- eine Messung des Blutdrucks
- eine Urinanalyse
- einen Sehtest
- einen Hörtest
Fliegerärzte und Flugmedizinische Zentren
Eine kartierte Übersicht über Fliegerärzte und Flugmedizinische Zentren findest du hier.
Quellverweise:
EASA Part MED