In dem Theoriefach «Menschliches Leistungsvermögen» geht es um das Verständnis von Vorgängen im Körper des Piloten und welche Auswirkungen diese auf den Flug haben können. Es werden physiologische Grundlagen beschrieben, menschliche Wahrnehmung und deren Auswirkungen auf den Flug. Anschließend geht es um psychologische Aspekte, Informationsverarbeitung und Stressmanagement und schließlich um verschiedene Verhaltensstrategien.
Physiologische Grundlagen und Wahrnehmung
Die Flugphysiologie beschäftigt sich mit den Auswirkungen des Fliegens auf den menschlichen Körper, insbesondere im Hinblick auf Sauerstoffversorgung und Blutkreislauf. Die Atmung spielt eine zentrale Rolle, da sie für die Aufnahme von Sauerstoff aus der Umgebungsluft und die Abgabe von Kohlenstoffdioxid zuständig ist. In großen Höhen verringert sich der Sauerstoffpartialdruck in der Luft, was zu Hypoxie, einem Sauerstoffmangel im Blut, führen kann. Dies beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit und kann im Extremfall zu Bewusstlosigkeit und Tod führen. Daher ist eine angemessene Sauerstoffversorgung in Flugzeugen essenziell.
Das Blut transportiert Sauerstoff zu den Körperzellen und Kohlenstoffdioxid zurück zu den Lungen. Herz und Blutkreislauf sind dabei zentrale Elemente. Verschiedene Arten der Hypoxie können durch Blutmangel, Durchblutungsstörungen, Unfähigkeit der Zellen, Sauerstoff zu verwerten, oder geringen Sauerstoffpartialdruck verursacht werden. Symptome von Hypoxie umfassen Müdigkeit, Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Euphorie und bei schwerem Sauerstoffmangel Bewusstlosigkeit.
Hyperventilation, oft psychisch bedingt, kann ebenfalls problematisch sein, da sie zu einem übermäßigen Abatmen von Kohlenstoffdioxid und somit zu einer Sauerstoffmangelsituation führen kann. Eine kontrollierte Reduzierung der Atemfrequenz oder das Atmen von 100 % Sauerstoff können Abhilfe schaffen.
Die Flugphysiologie betont die Notwendigkeit einer angemessenen Sauerstoffversorgung und die Bedeutung von Druckkabinen in Flugzeugen, insbesondere bei Flügen in großen Höhen. Die Fähigkeit, Hypoxiesymptome frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu handeln, ist für die Flugsicherheit entscheidend.
Des Weiteren geht es generell um den menschlichen Wahrnehmungsapparat. Dieser besteht aus fünf Sinnen (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten) und ist vom Grundsatz her eben nicht primär für das Fliegen ausgelegt. Während einige Sinne wie das Schmecken und Tasten im Flugkontext sekundär sind, können Sehen und der Gleichgewichtssinn im Ohr zu kritischen Situationen führen. Am Boden wird die Lage über den Gleichgewichtsapparat im Innenohr, optische Wahrnehmung und Tast- und Eigenlagesinn festgestellt. Im Flug jedoch sind externe Hilfsmittel wie Instrumente zur Beurteilung der Fluglage unerlässlich.
Das Nervensystem, bestehend aus dem zentralen und peripheren Nervensystem, funktioniert als Informations- und Reaktionssystem des Körpers. Es ist anfällig für die Belastungen beim Fliegen. Bestimmte Substanzen können die Funktion von Synapsen beeinträchtigen und das Nervensystem beeinflussen.
Die optische Wahrnehmung ist entscheidend für das Fliegen, da das Auge ein wichtiges Sinnesorgan ist. Fehlfunktionen des Auges können erhebliche Einschränkungen beim Fliegen darstellen.
Die akustische Wahrnehmung, ermöglicht durch das Ohr, umfasst das Hör- und Gleichgewichtsorgan. Störungen des Gleichgewichtsorgans können zu Schwindel, Übelkeit und anderen Symptomen führen.
Beschleunigungen während des Fluges können verschiedene physiologische Effekte und Wahrnehmungsillusionen hervorrufen. Positive und negative Beschleunigungen haben unterschiedliche Auswirkungen auf den Körper.
Die Kinetose, auch als Bewegungs- oder Luftkrankheit bekannt, resultiert aus einem Konflikt zwischen den Bewegungen, die über den Gleichgewichtssinn im Innenohr wahrgenommen werden, und den Eindrücken anderer Sinnesorgane. Maßnahmen zur Vorbeugung und Linderung der Symptome umfassen die Vermeidung von Turbulenzen, eine gute Frischluftversorgung und in einigen Fällen medikamentöse Behandlung.
Abschließend wird betont, dass das „Hosenbodengefühl“ zur Orientierung im Raum beim Fliegen nicht zuverlässig ist und dass verschiedene Faktoren wie Nebel, Dunkelheit und schlechte Sicht zu Schätzfehlern in Entfernung, Größe und Geschwindigkeit führen können. Beim Scanning der Umgebung sollte der Pilot systematisch vorgehen, um potenzielle Gefahren rechtzeitig zu erkennen.
Psychische Aspekte
In diesem Theorie-Kapitel werden verschiedene psychologische Aspekte behandelt, die für Piloten in der Luftfahrt von Bedeutung sind. Zunächst wird die Psychologie als Wissenschaft beschrieben, die menschliches Verhalten und dessen Entwicklung untersucht. Besonders betont wird die Wichtigkeit des Verständnisses von Entscheidungsprozessen im Gehirn für Piloten, um Fehlentscheidungen und emotionale Einflüsse zu minimieren und somit die Sicherheit im Flugbetrieb zu erhöhen.
Im Abschnitt über Informationsverarbeitung wird das Gehirn als zentraler Ort für die Verwaltung und Speicherung von Informationen hervorgehoben. Verschiedene Gedächtnisarten, wie sensorisches, Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis, werden erklärt, ebenso wie die Bedeutung des Lernens für die Entwicklung fliegerischer Fähigkeiten.
Der Abschnitt über Stress thematisiert, wie Stress durch äußere Faktoren (Stressoren) sowohl physische als auch psychische Reaktionen auslösen kann. Stress kann in einigen Fällen positiv sein (Eustress), führt aber meist zu einer hohen Belastung. Die Arbeitsbelastung im Cockpit und deren subjektive Wahrnehmung, Stressoren und Stresssymptome sowie Strategien zur Stressbewältigung werden detailliert besprochen.
Zuletzt wird die Bedeutung der Persönlichkeit für einen sicheren Flugbetrieb betont. Verantwortungsbewusstsein, Regelkonformität, Selbstbewusstsein und Teamfähigkeit werden als wichtige Eigenschaften für Piloten hervorgehoben. Zudem werden verschiedene Formen von Fehlverhalten und deren psychologische Hintergründe diskutiert, um aufzuzeigen, wie wichtig die mentale Einstellung und Verhaltensänderungen für die Flugsicherheit sind.
Verhaltensstrategien
In der Fliegerei bleibt der Mensch ein entscheidender Faktor, sowohl als Bediener komplexer Technik als auch als potenzielle Fehlerquelle. Der menschliche Körper ist oft nicht auf die Belastungen des Flugbetriebs vorbereitet, und gesundheitliche Einschränkungen oder die Einnahme leistungshemmender Mittel können das Führen eines Luftfahrzeugs beeinträchtigen. Es ist wichtig, Körper und Verhalten durch Training und Schutzmaßnahmen auf ungewohnte Belastungen vorzubereiten, wobei physische und psychische Faktoren gleichermaßen zu berücksichtigen sind. Körperliche Beeinträchtigungen können auch geistige Leistungsfähigkeit mindern, was vor allem in Stresssituationen kritisch sein kann. Um solchen Situationen gerecht zu werden, wurden Standardverfahren und Verhaltensstrategien entwickelt, die einen sicheren Flugbetrieb unterstützen.
Zentral ist der Mensch im System Luftfahrzeug: Er trifft Entscheidungen, beurteilt Situationen und trägt die Verantwortung. Im Kontext von Flugunfällen wird deutlich, dass menschliches Versagen nicht nur auf das Cockpit beschränkt ist, sondern auch in der Flugzeugkonstruktion, Wartung und anderen Bereichen auftreten kann.
Menschliches Versagen wird bei über 80% der Flugunfälle als wesentlicher Anteil der Unfallursache genannt, wobei meist mehrere Faktoren zu einem Unfall führen. Zu den häufigsten Ursachen gehören Mangel an fliegerischem Können, Regelüberschreitungen, falsche Entscheidungen und Wahrnehmungsfehler.
Alkohol und Drogen spielen ebenfalls eine Rolle bei Flugunfällen. Bereits geringe Mengen Alkohol können die Leistungsfähigkeit signifikant beeinträchtigen, wobei die Wirkung mit zunehmender Flughöhe steigt. Auch Medikamente können die Flugtauglichkeit beeinträchtigen, daher sollten Piloten vor der Einnahme von Medikamenten einen Fliegerarzt konsultieren.
Das SHEL(L)-Konzept und das Schweizer Käse-Modell bieten Ansätze, um das Zusammenwirken verschiedener Faktoren während eines Fluges zu verstehen und zu managen. Das FORDEC-Prinzip dient als Entscheidungshilfe in ungewöhnlichen Situationen und basiert auf der Analyse von Fakten, Optionen und Risiken, gefolgt von einer Entscheidung, deren Ausführung und kontinuierlicher Überprüfung.
Die Cockpit Management-Kapitel betonen, dass für einen sicheren Flug nicht nur der Zustand des Luftfahrzeugs, sondern auch der mentale und physische Zustand des Piloten entscheidend sind. Entscheidungsfindung, Standardverfahren und Konfliktmanagement sind wichtige Aspekte für die sichere Durchführung eines Fluges. Die Analyse und Aufarbeitung von Fehlverhalten sowie die Teilnahme an Flugsicherheitsbriefings sind essenziell für die Prävention von Unfällen.