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Fliegen ohne Flugleiter: Fortschritte, Herausforderungen und politischer Gegenwind

Zuletzt aktualisiert am 23. April 2025
Die Bewegung für mehr Selbstverantwortung im Sicht- und Instrumentenflug nimmt weiter Fahrt auf – doch aktuelle politische Entwicklungen könnten den bisher erreichten Fortschritt gefährden.

Informationsfreiheit als Grundlage des Fortschritts

Das Konzept „Fliegen ohne Flugleiter“ hat in den letzten Jahren an Dynamik gewonnen – nicht zuletzt dank des gezielten Zugriffs auf behördliche Informationen. Die Interessengemeinschaft Fliegen ohne Flugleiter betont, dass das deutsche Informationsfreiheitsgesetz (IFG) dabei eine entscheidende Rolle spielte. Über IFG-Anfragen konnten etwa Protokolle des Bund-Länder-Fachausschusses Luftfahrt eingesehen werden – ein Vorgang, der es den Initiatoren ermöglichte, fundiert und sachlich gegenüber Behörden zu argumentieren.

Nun droht jedoch ein Rückschlag: Im Rahmen der laufenden Koalitionsverhandlungen im Bund steht offenbar eine drastische Einschränkung oder gar Abschaffung des Informationsfreiheitsgesetzes zur Debatte. Sollte es dazu kommen, wären zukünftige Reforminitiativen in der Luftfahrt massiv erschwert. Initiativen wie „Frag den Staat“, die solche Anfragen systematisch unterstützen, warnen vor einem Rückfall in intransparente Entscheidungsprozesse.


IFR-Betrieb ohne Flugleiter: Eine Option mit Potenzial – und Widerstand

Ein weiteres Thema, das aktuell im Raum steht, ist der Instrumentenflugbetrieb (IFR) ohne verpflichtende Flugleitung an kleineren Plätzen. Hintergrund ist die Überlegung des Bundes, Zuschüsse für Flugsicherungsdienste an kleineren IFR-Plätzen zu kürzen oder ganz zu streichen. Dies würde viele Verkehrslandeplätze vor massive wirtschaftliche Herausforderungen stellen.

Die Lösung könnte in einem Betriebskonzept ohne Flugleiter liegen – eine Praxis, die in Ländern wie Frankreich, den USA oder Australien bereits Alltag ist. Dort erfolgt der Betrieb auf der Basis klar definierter Verfahren, meist unterstützt durch unbemannte Funknavigation und koordinierte Selbstdurchsagen der Piloten.

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) zeigte sich in ersten Signalen offen für eine Umsetzung nach internationalem Vorbild. Allerdings gibt es aufseiten der Deutschen Flugsicherung (DFS) sowie des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung (BAF) weiterhin Bedenken – insbesondere in Bezug auf Sicherheitsstandards und rechtliche Haftungsfragen.


Neuer Stil in der Kommunikation: Beteiligung von Verbänden

Ein positiver Wandel deutet sich in der Gesprächskultur zwischen Behörden und Verbänden an. Im März 2025 fand im BMDV erstmals eine offene Gesprächsrunde mit Vertretern der Landesluftfahrtbehörden, relevanten Verbänden und einzelnen Flugplätzen statt. Diese neue Offenheit ersetzt das bislang übliche Modell, bei dem Entscheidungen im kleinen Kreis getroffen und anschließend zur Kommentierung weitergegeben wurden.

Die Hoffnung: Durch frühzeitige Einbindung könnten praxisnahe Lösungen schneller und zielgerichteter entwickelt werden. Gleichzeitig wird so Vertrauen in den Reformprozess gestärkt – ein notwendiger Schritt angesichts der mitunter zähen Fortschritte der Vergangenheit.


Best-Practice-Beispiel Roitzschjora: Wie es funktionieren kann

Ein besonders gelungenes Beispiel für fliegerische Selbstverwaltung ohne Flugleiter bietet der Verkehrslandeplatz Roitzschjora. Über eine einfache, öffentlich zugängliche Webseite lässt sich die aktuelle Anfliegbarkeit des Platzes per Symbolanzeige (grünes „Ja“) sofort erkennen. Die Lösung verzichtet auf komplizierte Freigabeprozesse und erfüllt gleichzeitig die Anforderungen an Planbarkeit und Sicherheit – ein Vorbild für viele andere Flugplätze.


Digitalisierung: Elektronisches Hauptflugbuch im Fokus

Auch in der Flugplatzverwaltung tut sich einiges. Das klassische Hauptflugbuch – ein Relikt aus den 1930er Jahren – steht zunehmend zur Disposition. Neben etablierten Softwarelösungen entstehen vielerorts individuelle Projekte. So entwickelte Johannes Köhne für den Flugplatz Weilerswist eine benutzerfreundliche digitale Lösung zur Buchführung, die auf Interesse in der Szene stößt. Ziel ist langfristig die vollständige Abschaffung des analogen Hauptflugbuchs – auch im Sinne der Bürokratieentlastung und Digitalisierung.


Fazit: Fortschritt mit Hindernissen – jetzt zählt Engagement

Die Entwicklung hin zum „Fliegen ohne Flugleiter“ ist ein Musterbeispiel dafür, wie engagierte Akteure mit Sachverstand und Zugang zu Informationen Veränderung in der Luftfahrt anstoßen können. Die nun drohende Einschränkung des Informationsfreiheitsgesetzes bedroht jedoch nicht nur diesen konkreten Reformpfad, sondern auch viele weitere Bereiche, in denen Transparenz der Schlüssel zu Innovation ist.

Umso wichtiger ist es jetzt, dass Pilotinnen und Piloten, Betreiber und Verbände Stellung beziehen. Nur durch politisches Engagement – etwa durch die Unterstützung entsprechender Petitionen – lässt sich die Zukunftsfähigkeit des Luftsports und der allgemeinen Luftfahrt langfristig sichern.


Quellverweise:
Flieger.News

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