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Fliegen ohne Abheben: Wie moderne FNPT-II-Simulatoren die Pilotenausbildung revolutionieren

Zuletzt aktualisiert am 14. Juni 2025
In der professionellen Pilotenausbildung spielen Flugsimulatoren eine immer größere Rolle. Ein Beispiel dafür ist der Alsim 250 FNPT II an der AAG Flight Academy in Ganderkesee (EDWQ), der nicht nur moderne Technik bietet, sondern auch Ausbildungsprozesse effizienter und sicherer gestaltet. Fluglehrer und Autor Rolf Stünkel gewährt Einblick in die Einsatzmöglichkeiten dieses Verfahrenssimulators – und erklärt, warum das Fliegen im Simulator mehr ist als nur ein Ersatz für echtes Flugtraining.

Realitätsnahes Training am Boden

Ein FNPT-II (Flight and Navigation Procedures Trainer) ist ein offiziell durch die EASA zugelassener Verfahrenssimulator, der das Fliegen von ein- oder mehrmotorigen Flugzeugen inklusive IFR-Prozeduren realitätsnah nachbildet. Zwar bewegt sich der Simulator nicht physisch, doch durch das Zusammenspiel aus authentischen Instrumenten, hochauflösender visueller Darstellung und realistischer Ruderkräfte entsteht ein glaubhaftes Flugerlebnis.

Ein besonderer Vorteil: Kritische Flugphasen wie der Endanflug, Systemausfälle oder Fehlanflüge lassen sich beliebig oft wiederholen, ohne den Flugbetrieb oder die Sicherheit zu gefährden. Auch Wetterbedingungen, Windverhältnisse oder technische Störungen wie ein vereistes Staurohr können simuliert und systematisch trainiert werden.


Flexibilität in der Ausbildung

Der Alsim 250 FNPT II der AAG Flight Academy bietet eine Multikonfiguration: Er lässt sich ohne Umbauten von einmotorigen SEP-Mustern wie der Cessna 172 auf mehrmotorige MEP-Flugzeuge umstellen – etwa Piper Seneca oder Diamond DA42. Das Cockpit ist vollständig ausgestattet mit moderner Glascockpit-Technik (EFIS), einem 210-Grad-Sichtfeld auf einer gekrümmten Leinwand und einer Instructor Station, über die Fluglehrer Wetterszenarien, Fehlerzustände und Verkehrsbedingungen live verändern können.


Training realistischer Ausnahmesituationen

Im Gegensatz zum echten Flugzeug kann im Simulator gefahrlos geübt werden, was in der Luft streng verboten oder mit hohen Risiken verbunden wäre – z. B.:

  • Komplettausfall aller Motoren
  • Einfrieren der Pitotrohre
  • Systemausfall bei GPS-Anflügen
  • Autopilot-Störungen im Steigflug
  • Reaktionen auf Funkstille oder Navigationsfehler

Auch IFR-Verfahren lassen sich realitätsgetreu abbilden – inklusive Missed Approaches, SIDs, STARs und LPV/PBN-Anflügen. Gerade bei komplexen Anzeigesystemen oder Touchscreen-FMS hilft die Fehlerwiederholung im Simulator, das Verständnis zu vertiefen.


Soft Skills und mentale Stärke trainieren

Neben dem Handwerklichen wird im Simulator gezielt an den Soft Skills gearbeitet. Dazu gehören:

  • Mentale Vorbereitung und Entscheidungsfindung, z. B. mit Hilfe des FORDEC-Modells
  • Crew Resource Management (CRM), auch im Einmann-Cockpit
  • Threat & Error Management (TEM) zur frühzeitigen Fehlererkennung und Risikominimierung
  • Kommunikationstraining im Sprechfunk, insbesondere im dichten IFR-Verkehr

Diese psychologischen und organisatorischen Fähigkeiten sind essenziell, um in realen Stresssituationen handlungsfähig zu bleiben.


Anrechenbarkeit auf Ausbildungsstunden

Ein wesentlicher Vorteil des FNPT-II ist die formale Anerkennung durch Luftfahrtbehörden. Je nach Ausbildungsgang können umfangreiche Flugstunden im Simulator auf die Mindestflugzeit angerechnet werden:

LizenzartMaximal anrechenbare SIM-Stunden
PPL(A)5 von 45 Stunden
FI (experience)50 von 200 Stunden
FI (Instructor Training)5 von 100 Stunden
CPL/IR integrated40 von 50 Stunden
ATPL/IR integrated40 von 50 Stunden
IR-SE (single engine)35 von 50 Stunden
IR-ME (multi engine)40 von 55 Stunden
CB-IR SE25 von 40 Stunden
CB-IR ME30 von 45 Stunden

Diese Anerkennung reduziert nicht nur die Kosten, sondern erhöht auch die Flexibilität in der Ausbildungsplanung – insbesondere bei schlechtem Wetter oder eingeschränktem Fluglotsenbetrieb.


Fazit: Der Simulator als unverzichtbares Ausbildungswerkzeug

Der Alsim 250 FNPT II zeigt eindrucksvoll, wie moderne Simulatoren zur Sicherheitskultur, Ausbildungseffizienz und Kostenkontrolle beitragen. Er ermöglicht ein breites Spektrum an Trainingsinhalten. Gleichzeitig schult er Verhalten, Denkweise und Kommunikation – Fähigkeiten, die für sichere Flugdurchführung unerlässlich sind.


Quellverweise:
Fliegermagazin

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