Im europäischen Luftraum, der durch die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) reguliert wird, sind Ausbildungsorganisationen für Piloten ein zentraler Bestandteil der Luftfahrtinfrastruktur. Diese Organisationen werden in zwei Hauptkategorien unterteilt: Approved Training Organizations (ATO) und Declared Training Organizations (DTO). Beide spielen eine entscheidende Rolle in der Ausbildung und Zertifizierung von Piloten, unterscheiden sich jedoch in ihren Betriebsvorschriften, dem Umfang der Ausbildung, die sie anbieten dürfen, und in den Genehmigungsverfahren, denen sie unterliegen.
Approved Training Organization (ATO)
Eine Approved Training Organization (ATO) ist eine von der EASA zertifizierte Einrichtung, die ein breites Spektrum an Pilotenausbildungen anbietet, einschließlich der Ausbildung für kommerzielle Pilotenlizenzen, Instrumentenflugberechtigungen und Type Ratings für spezifische Flugzeugtypen. ATOs müssen strenge Anforderungen an ihre Lehrpläne, Ausbildungseinrichtungen, Ausrüstung und Lehrkräfte erfüllen. Die Zulassung als ATO erfordert einen umfangreichen Genehmigungsprozess, der die Einreichung detaillierter Ausbildungspläne, Handbücher und Sicherheitsmanagementverfahren umfasst, die alle von der EASA oder den nationalen Luftfahrtbehörden überprüft werden.
Um als ATO zertifiziert zu werden muss dies beim zuständigen Luftfahrtamt (in Deutschland das LBA, in Österreich Austro Control und in der Schweiz das BAZL) beantragt werden. Diese Stelle gibt nach Prüfung dann eben auch das «Zertifikat» heraus was die Zertifizierung als ATO bestätigt. Das Zertifikat ist so lange gültig wie die Flugschule die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt.
Die Organisation muss ein Managementsystem einrichten, implementieren und aufrechterhalten. Dieses muss strukturiert aufgebaut sein, um Sicherheit und Verantwortlichkeit zu gewährleisten. Es erfordert klare Verantwortungsstrukturen, eine festgelegte Sicherheitspolitik, die Identifizierung und Handhabung von Sicherheitsrisiken, qualifiziertes Personal, dokumentierte Verfahren und eine Überwachung der Einhaltung relevanter Anforderungen. Konkret muss folgendes gewährleistet sein:
1. Klare Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereiche innerhalb der Organisation, einschließlich einer direkten Sicherheitsverantwortung des verantwortlichen Managers.
- Eine Beschreibung der grundlegenden Philosophien und Prinzipien der Organisation in Bezug auf Sicherheit, bekannt als Sicherheitspolitik.
- Die Identifizierung von Sicherheitsrisiken in der Luftfahrt, die durch die Aktivitäten der Organisation entstehen, ihre Bewertung und das Management der damit verbundenen Risiken, einschließlich Maßnahmen zur Risikominderung und Überprüfung ihrer Wirksamkeit.
- Die Aufrechterhaltung qualifizierten und kompetenten Personals zur Ausführung ihrer Aufgaben.
- Dokumentation aller Schlüsselprozesse des Managementsystems, einschließlich eines Prozesses zur Sensibilisierung des Personals für ihre Verantwortlichkeiten und das Verfahren zur Änderung dieser Dokumentation.
- Eine Funktion zur Überwachung der Einhaltung der Organisation mit den relevanten Anforderungen. Die Überwachung der Einhaltung umfasst ein Rückmeldesystem von Feststellungen an den verantwortlichen Manager, um die wirksame Umsetzung von Korrekturmaßnahmen sicherzustellen.
Das Managementsystem muss der Größe der Organisation sowie der Art und Komplexität ihrer Aktivitäten entsprechen, unter Berücksichtigung der Gefahren und damit verbundenen Risiken dieser Aktivitäten. Die genannten Punkte müssen dabei regelmässig überprüft und nachgewiesen werden. Auch hier erfolgt dies angepasst an die Komplexität der Flugschule. So gibt es geringere Compliance und Reporting Vorschriften für ATOs die lediglich Ausbildungen zum LAPL, PPL, SPL oder BPL (und eben nicht zum Berufspiloten) anbieten.
Die ATO muss an die zuständige Behörde jede Art von Unfall oder Vorfall melden, der die Sicherheit beeinträchtigt. Dies zusammen mit einer detaillierten Analyse des Vorfalls und Massnahmen die getroffen werden, um dies in Zukunft zu verhindern. Auch hier folgt man dem bewährten Prinzip das Sicherheit an erster Stelle steht und laufend verbessert werden soll.
Neben den organisatorischen und sicherheitsrelevanten Aspekten ist natürlich zentral das die ATO die von der ICAO/EASA definierten Ausbildungs-Lehrpläne (Syllabus) umsetzt und die Ausbildungsmaterialien den definierten Anforderungen entsprechen. Hierfür muss die ATO Operations und Trainings -Handbücher erstellen und diese bei der Behörde zur Überprüfung einreichen. Für die Handbücher gelten die nachfolgenden Vorgaben:
(a) Ausbildungsplan:
- Ziel des Kurses (ATP, CPL/IR, CPL usw.), Erwartungen an die Studenten bezüglich ihrer Leistung und zu beachtende Ausbildungseinschränkungen.
- Voraussetzungen für die Kursteilnahme, einschließlich Mindestalter, Bildungsanforderungen (Sprache eingeschlossen), medizinische Anforderungen und besondere Anforderungen einzelner Mitgliedstaaten.
- Anrechnung von Vorerfahrungen, die vor Beginn der Ausbildung von der zuständigen Behörde eingeholt werden müssen.
- Ausbildungslehrpläne, einschließlich Flugausbildung (Ein- oder Mehrmotorig), Flugsimulationstraining und theoretische Kenntnisse.
- Zeitplanung für die einzelnen Lehrpläne in Wochen.
- Trainingsprogramm, einschließlich allgemeiner Arrangements, schlechtwetterbedingte Einschränkungen, maximal zulässige Ausbildungszeiten, Ruhezeiten zwischen den Dienstzeiten und maximale Flugstunden.
- Ausbildungsunterlagen, Sicherheitsregeln für Unterlagen, Anwesenheitsaufzeichnungen, Verantwortlichkeiten für die Überprüfung der Unterlagen und Logbücher, Häufigkeit und Standardisierung der Überprüfungen.
- Sicherheitstraining, individuelle Verantwortlichkeiten, Notfallübungen und Doppelchecks.
- Prüfungen und Tests, einschließlich Flug- und Theorieprüfungen, Testautorisierungen und Wiederholungstests.
- Wirksamkeit der Ausbildung, individuelle Verantwortlichkeiten, Bewertung der Ausbildung, Identifikation von unzureichenden Fortschritten und Maßnahmen zur Korrektur.
- Standards und Leistungsniveaus in verschiedenen Phasen der Ausbildung.
(b) Briefing und Flugübungen:
- Detaillierte Beschreibung aller Flugübungen.
- Referenzliste der Übungen für den schnellen Zugriff.
- Kursstruktur, Aufteilung in Phasen und Verteilung der Übungen.
- Integration von theoretischem Wissen und Flugtraining.
- Studentenfortschritt und Anforderungen an den Übergang zwischen den Phasen.
- Lehrmethoden, einschließlich Briefing-Anforderungen.
- Durchführung und Dokumentation von Fortschrittstests.
- Glossar wichtiger Begriffe.
(c) Flugtraining in einem FSTD (falls zutreffend):
Struktur analog zu (b).
(d) Theoretische Kenntnisse:
- Struktur des theoretischen Kenntniskurses, inklusive Kursablauf und Zeitplanung.
- Lehrpläne, einschließlich Lehrmaterial und Trainingshilfen.
- Spezifikation der Lehrmaterialien.
- Anforderungen an den Fortschritt der Studenten und Prüfungsanmeldung.
- Organisation von Fortschrittstests.
- Überprüfungsverfahren bei Nicht erreichen des Standards.
Teile der theoretischen Ausbildung können dabei auch als Fernlehrgang durchgeführt werden. Für den Fernunterricht in modularen Kursen müssen ATOs sicherstellen, dass Studenten sowohl akademische Fortschritte machen als auch zeitliche Vorgaben einhalten. Es wird empfohlen, dass Studenten sich mindestens 15 Stunden pro Woche dem Studium widmen und dass das Kursmaterial klare Angaben zu den Lernzielen pro Woche enthält. Ferner sollten regelmäßige Fortschrittstests durchgeführt und von der ATO bewertet werden. Es ist wichtig, dass Studenten während des Kurses angemessenen Zugang zu Instruktoren haben und dass deren Fortschritte angemessen überwacht werden.
Naben den Trainings- und Operations-Handbüchern muss ebenfalls muss die ATO gegenüber der Behörde ebenfalls angeben, mit welchen Flugzeugen die Ausbildung durchgeführt werden soll. Diese müssen entsprechend ausgestattet sein, um die Anforderungen an die Ausbildung auch erfüllen zu können. Auch muss die Qualifikation der Fluglehrer und des Ausbildungsleiters entsprechend nachgewiesen werden.
Auch gibt es konkrete Anforderungen im Hinblick auf die Ausstattung und Räumlichkeiten welche die Flugschule vorweisen muss, sowohl für die praktische als auch für die theoretische Ausbildung. Die praktische Flugausbildung erfordert unter anderem einen Operations-Room zur Kontrolle der Flüge, einen mit diversen Informationsquellen ausgestatteten Flugplanungsraum, ausreichende Briefingräume, Büros für das Aufsichtspersonal und Crew-Räume. Für die theoretische Ausbildung sind geeignete Klassenräume, Lehrmaterialien, Einrichtungen für die Flugfunkausbildung, eine Referenzbibliothek und Büros für das Lehrpersonal erforderlich. Diese Einrichtungen gewährleisten eine umfassende und effektive Ausbildung der Flugstudenten, indem sie sowohl die praktischen als auch die theoretischen Aspekte der Flugausbildung unterstützen.
In der Academy haben wir eine Übersicht der zugelassenen ATOs: Pilot-Hub – Zugelassene ATOs
Declared Training Organization (DTO)
Im Gegensatz dazu ist eine Declared Training Organization (DTO) eine relativ neu eingeführte Kategorie (seit 2018), die für Organisationen konzipiert ist, die «leichtere» Ausbildungsprogramme anbieten. Dazu gehören unter anderem die Ausbildung zum Privatpiloten (PPL), zum Segelflugpiloten und zum Ballonpiloten, aber eben nicht zum Berufspiloten, was nur von ATOs angeboten werden darf. DTOs müssen ihre Betriebsabsicht gegenüber der zuständigen Behörde erklären und grundlegende Informationen über ihre Betriebsabläufe bereitstellen, aber der Genehmigungsprozess ist weniger umfangreich als bei ATOs. Diese Art der Organisation bietet mehr Flexibilität und ist mit weniger regulatorischen Auflagen verbunden, was sie besonders für kleinere Flugschulen attraktiv macht.
Konkret hat eine DTO (Declared Training Organization) das Recht, folgende Ausbildungen anzubieten, sofern sie von der Behörde dafür zertifiziert wurde:
1. Für Flugzeuge:
- Theoretischer Unterricht für LAPL(A) und PPL(A).
- Flugunterricht für LAPL(A) und PPL(A).
- Ausbildung zur Klassenberechtigung für SEP(land), SEP(sea) und TMG.
- Ausbildung zu zusätzlichen Berechtigungen: Nacht, Kunstflug, Gebirgsflug, Segelflug und Banner-Schlepp.
2. Für Hubschrauber:
- Theoretischer Unterricht für LAPL(H) und PPL(H).
- Flugunterricht für LAPL(H) und PPL(H).
- Einmotorige Typenberechtigung für Hubschrauber, deren zertifizierte Maximalbesetzung fünf Sitze nicht überschreitet.
- Ausbildung zur Nachtflugberechtigung.
3. Für Segelflugzeuge:
- Theoretischer Unterricht für SPL.
- Flugunterricht für SPL.
- Ausbildung zur Erweiterung der Berechtigungen für Segelflugzeuge oder TMGs
- Ausbildung zu zusätzlichen Startmethoden gemäß SFCL
- Ausbildung zu zusätzlichen Berechtigungen und Privilegien: Grundlegende und fortgeschrittene Kunstflugprivilegien, Segelflugzeug- und Banner-Schleppberechtigung, TMG-Nachtflugberechtigung und Berechtigung zum Flug in Wolken.
- Ausbildung zum Fluglehrerzertifikat für Segelflugzeuge (FI(S)) und FI(S)-Auffrischungskurs.
4. Für Ballons:
- Theoretischer Unterricht für BPL.
- Flugunterricht für BPL.
- Ausbildung zur Klassen- oder Gruppenerweiterung gemäß BFCL.
- Ausbildung zu zusätzlichen Berechtigungen: Gebundener Heißluftballonflug, Nacht und gewerbliche Betriebsberechtigung.
- Ausbildung zum Fluglehrerzertifikat für Ballons (FI(B)) und FI(B)-Auffrischungskurs.
Ähnlich einer ATO muss auch eine DTO Trainings Handbücher, Lehrpläne, Informationen über die verwendeten Flugzeugen, Nachweis entsprechender Räumlichkeiten und notwendiger Lehrausstattung etc. einreichen und im Hinblick auf die Erfüllung der Anforderungen der EASA überprüfen lassen und dies auch regelmässig erneuern. Ebenfalls muss natürlich die Kompetenz des Ausbildungsleiters und der Fluglehrer nachgewiesen werden und entsprechende Sicherheitsrichtlinien und Überwachungen vorhanden sein.
Auswahl der Flugschule
Die spezifischen Vorschriften und Anforderungen für ATOs und DTOs sind in den EASA-Verordnungen festgelegt, insbesondere in der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011, die die technischen Anforderungen und administrativen Verfahren im Zusammenhang mit dem Flugpersonal in der Zivilluftfahrt abdeckt. Diese Verordnung wird regelmäßig aktualisiert und umfasst detaillierte Anhänge (sogenannte „Parts“), die sich spezifisch mit Ausbildungsorganisationen befassen:
- Part-FCL (Flight Crew Licensing) enthält die Anforderungen an die Lizenzierung von Flugbesatzungen, einschließlich der Ausbildungsvoraussetzungen.
- Part-ORA (Organisation Requirements for Aircrew) legt die Anforderungen an Organisationen fest, die Ausbildungsdienstleistungen anbieten, einschließlich ATOs.
- Part-DTO (Declared Training Organizations) beschreibt die spezifischen Anforderungen und das Verfahren zur Erklärung einer DTO.
Will man nun seine Flugausbildung starten, stellt sich die Frage der Wahl der Flugschule. Neben den offiziell als ATO oder DTO gelisteten Schulen, bieten auch viele kleinere Flugvereine eine Ausbildung zum Privatpiloten an. Dies kann z.B. so aufgesetzt sein das die Flugschule eine «Zweigstelle» einer zugelassenen ATO ist und unter deren Vorgaben die Flugausbildung durchführt. Daher ist eine Möglichkeit bei der Wahl der Flugschule die offizielle Liste der zugelassenen ATOs anzugehen, aber es bietet sich unbedingt auch an bei den Flugvereinen in der Umgebung nachzufragen. Für die Wahl der Schule sollte man sich dann die Zeit nehmen und mit Fluglehrer und Flugschülern sprechen, die Ausbildungsunterlagen der Schule studieren und sich entsprechend informieren. Die Qual der Wahl muss dann jeder für sich selber treffen.
Zusammenfassung
Bei den Flugschulen wird unterschieden zwischen ATOs und DTOs. Letztendlich gibt es für beide genaue Vorgaben bzgl. Ausbildungsinhalten aber auch bzgl. Organisation, Prozesse und Personal der Flugschule. Nur dann kann durch die lokalen Luftfahrtbehörden eine Zertifizierung erfolgen.
Bei der Wahl der eigenen Flugschule sollte man sich die offiziellen Ausbildungsorganisationen anschauen aber auch die Flugvereine der eigenen Stadt unter die Lupe nehmen.
Quellverweise:
EASA FCL
