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Fliegen ohne Betriebsleiter: Verkehrssicherungspflicht auf Flugplätzen im Wandel

Zuletzt aktualisiert am 23. September 2024
Am 16. September 2024 veröffentlichte der Verband der Allgemeinen Luftfahrt e.V. (AOPA-Germany) einen wichtigen Vermerk zur Verkehrssicherungspflicht für Flugplatzbetreiber. Diese Thematik gewinnt durch die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem „Fliegen ohne Flugleiter“, auch als Betriebsleiter bezeichnet, zunehmend an Bedeutung. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Grundlagen, Herausforderungen und Neuerungen, die sich für Flugplatzbetreiber und die allgemeine Luftfahrt ergeben.

Rechtliche Grundlagen der Verkehrssicherungspflicht

Die Verkehrssicherungspflicht für Flugplatzbetreiber ergibt sich aus § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Ergänzend hierzu sind die spezifischen luftfahrtrechtlichen Vorschriften aus der Luftverkehrszulassungsordnung (LuftVZO) und dem Luftverkehrsgesetz (LuftVG) von Bedeutung. Insbesondere § 45 Abs. 1 der LuftVZO sowie § 53 und § 58 des LuftVG betonen, dass Flugplätze betriebssicher gehalten und ordnungsgemäß betrieben werden müssen. Dies impliziert eine kontinuierliche Überwachung, Instandhaltung und, bei Bedarf, Instruktionen für die Nutzer der Anlagen.

Die Verkehrssicherungspflicht gliedert sich in drei Hauptpflichten:

  1. Aufsichtspflicht: Die Betreiber müssen sicherstellen, dass der Flugplatz ständig überwacht wird.
  2. Überwachungspflicht: Es müssen regelmäßige Kontrollen durchgeführt werden, um mögliche Gefahrenquellen zu identifizieren.
  3. Instruktionspflicht: Nutzer des Flugplatzes müssen über potenzielle Gefahren informiert werden.

Der Schwerpunkt des Vermerks von AOPA-Germany liegt jedoch auf der Frage, wie diese Pflichten in Zeiten des „Fliegens ohne Betriebsleiter“ angemessen erfüllt werden können. Diese neue Regelung, welche in der Nachrichten für Luftfahrer (NfL 2024-1-3106) näher erläutert wird, stellt die Branche vor neue Herausforderungen.

Herausforderungen beim Fliegen ohne Betriebsleiter

Traditionell wird an Flugplätzen eine tägliche Kontrolle der Betriebsflächen durchgeführt, um sicherzustellen, dass die Start- und Landebahnen, Rollwege und Abstellflächen in einwandfreiem Zustand sind. Diese Praxis hat sich über Jahrzehnte bewährt. Sie folgt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der festgelegt hat, dass derjenige, der eine potenzielle Gefahrenlage schafft, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen muss, um eine Schädigung anderer zu vermeiden. Eine vollständige Vermeidung von Schäden sei jedoch nicht möglich, wie in einem Urteil von 2012 (VI ZR 311/11) festgehalten wurde.

Das „Fliegen ohne Betriebsleiter“ bedeutet, dass keine ständige Aufsichtsperson vor Ort sein muss. Dies stellt Flugplatzbetreiber vor die Frage, wie oft und in welchem Umfang Kontrollen durchgeführt werden müssen, um der Verkehrssicherungspflicht weiterhin gerecht zu werden. Die herrschende Verkehrsauffassung, insbesondere im Vergleich mit europäischen Nachbarländern, legt nahe, dass tägliche Kontrollen nicht zwingend erforderlich sind, sofern keine konkrete Notwendigkeit besteht.

Risikobewertung und Kontrollintervalle

Ein zentrales Element bei der Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht ist die Festlegung angemessener Kontrollintervalle. Diese hängen stark vom jeweiligen Flugplatz, dessen Nutzung und den damit verbundenen Risiken ab. So können Verkehrszahlen, Wetterbedingungen und die Beschaffenheit der Betriebsflächen Einfluss auf die Häufigkeit der Kontrollen nehmen.

Die AOPA-Germany empfiehlt, im Rahmen von Betriebskonzepten und Genehmigungsänderungen flexible Kontrollintervalle festzulegen. Anstatt starrer zeitlicher Vorgaben sollten Flugplatzbetreiber die Möglichkeit haben, Kontrollen in Abhängigkeit von Verkehrszahlen oder dem Betriebsgeschehen durchzuführen. Besonders wichtig ist es, die Flugbetriebsflächen regelmäßig auf mögliche Hindernisse oder Beschädigungen zu überprüfen. Dies kann durch einfache Maßnahmen, wie das Freihalten der Pisten von niedrigem Bewuchs oder die Reparatur von Schäden an Rollwegen, gewährleistet werden.

Anpassung an konkrete Gefahrenlagen

In Fällen, in denen Anzeichen einer Gefahrenlage vorliegen – beispielsweise durch extreme Witterungsverhältnisse oder die Entdeckung von Beschädigungen – ist eine sofortige Kontrolle der Betriebsflächen erforderlich. So verdeutlicht ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Az.: 22 U 56/01) die Bedeutung dieser Pflicht: Eine Flughafengesellschaft, die einen beschädigten, jedoch nicht ordnungsgemäß abgesperrten Kabelgraben auf einem Wiesenabstellplatz nicht kennzeichnete, wurde für einen Schaden verantwortlich gemacht, der entstand, als ein Flugzeug mit seinem Bugrad in den aufgeweichten Boden einsank. Dieses Beispiel zeigt, dass die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht immer situationsbezogen erfolgen muss und keine Pauschallösungen bietet.

Praktische Umsetzung und Haftungsfragen

Die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht ist nicht nur eine gesetzliche Notwendigkeit, sondern auch eine Frage der organisatorischen Maßnahmen. Flugplatzbetreiber sind angehalten, klare Verfahrensweisen zur Risikobewertung und -beseitigung zu etablieren. Dies schließt die Dokumentation von Kontrollen sowie die Bereitstellung von Kommunikationsmöglichkeiten für die Meldung potenzieller Gefahrenquellen ein. Eine Notfallnummer oder eine öffentliche E-Mail-Adresse zur Meldung von Sicherheitsmängeln sollte für alle Flugbetriebsbeteiligten zugänglich sein.

Auf Anfrage der AOPA-Germany bestätigten Versicherer, dass der Haftpflichtversicherungsschutz für Flugplatzbetreiber auch unter den neuen Bedingungen weiterhin besteht. Voraussetzung dafür ist, dass alle behördlichen und gesetzlichen Auflagen erfüllt sind und eine entsprechende Betriebsgenehmigung vorliegt.

Fazit: Flexibilität und Verantwortung als Schlüssel zur Sicherheit

Die Neuerungen rund um das „Fliegen ohne Betriebsleiter“ bringen eine erhebliche Flexibilisierung der Betriebsvorschriften mit sich. Flugplatzbetreiber müssen dennoch sicherstellen, dass ihre Verkehrssicherungspflicht erfüllt wird. Dies erfordert nicht nur regelmäßige Kontrollen, sondern auch eine proaktive Risikobewertung und die Anpassung an konkrete Betriebsbedingungen. Durch klare, flexible Betriebskonzepte und eine enge Zusammenarbeit mit den Versicherern kann die Sicherheit auf Flugplätzen auch unter den neuen Bedingungen gewährleistet werden.


Quellverweise:
AOPA

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