Hintergründe zur Entwicklung des Swift 100R
Swift Fuels, ein US-amerikanisches Unternehmen mit Sitz in West Lafayette, Indiana, hat nach rund 15 Jahren Forschung das erste Supplemental Type Certificate (STC) für den bleifreien Avgas-Kraftstoff Swift 100R erhalten. Der Zusatz „R“ im Namen steht dabei für Renewable, was die Absicht unterstreicht, zunehmend auf erneuerbare Energien und umweltfreundliche Kraftstoffe in der Luftfahrt zu setzen. Der Treibstoff ist zu zehn Prozent aus erneuerbaren Komponenten hergestellt und kommt komplett ohne den giftigen Bleizusatz Tetraethylblei (TEL) aus, der im Avgas 100LL verwendet wird.
Die Zulassung von Swift 100R stellt eine bleifreie Alternative für die in vielen Flugzeugen verwendeten Avgas-Typen dar und bietet somit eine Lösung für das drohende Verbot von Avgas 100LL in Europa. Schon 2021 wurde ein ähnlicher Schritt mit der FAA-Zulassung von GAMI G100UL, einem anderen bleifreien Flugkraftstoff, unternommen. Swift 100R bietet nun eine weitere Möglichkeit, um den Anforderungen der Zukunft gerecht zu werden.
Technische Details und Vorteile des Swift 100R
Der neue Treibstoff Swift 100R verfügt wie das herkömmliche Avgas 100LL über eine Motoroktanzahl von 100, was bedeutet, dass er unter den gleichen Bedingungen betrieben werden kann wie das verbleite Avgas. Dies ist ein entscheidender Vorteil, da keine umfangreichen Modifikationen an den Motoren oder der Flugzeugzelle notwendig sind. Laut Swift Fuels ist der neue Kraftstoff auch mit bereits zugelassenen Avgas-Sorten mischbar, was eine einfache Umstellung auf den neuen Treibstoff ermöglicht.
Zusätzlich betont Swift Fuels, dass bei unsachgemäßem Gebrauch des Treibstoffs keine Schäden an den Oberflächen von Flugzeugen zu erwarten sind. Dies ist ein weiterer Sicherheitsvorteil gegenüber konventionellem Avgas. Allerdings müssen Flugzeughalter vor der Nutzung von Swift 100R eine individuelle Freigabe für ihr Flugzeug beantragen, um sicherzustellen, dass die spezifischen Anforderungen ihres Flugzeugs erfüllt werden.
Zukunftspläne und internationale Ausweitung
Swift Fuels arbeitet bereits eng mit der FAA zusammen, um weitere Motoren und Flugzeugmodelle für den Einsatz von Swift 100R zuzulassen. Das Ziel ist die Veröffentlichung einer Approved Model List (AML), welche alle Flugzeuge auflistet, die den Treibstoff ohne Modifikationen verwenden können. Dies ist ein wichtiger Schritt, um den Kraftstoff in der gesamten allgemeinen Luftfahrt breiter einsetzbar zu machen.
Die nächste Herausforderung besteht nun darin, dass die europäische Luftfahrtbehörde EASA die Zulassung des Treibstoffs ebenfalls anerkennt. Dieser Prozess ist bereits in Arbeit, und es wird erwartet, dass Swift 100R auch bald in Europa genutzt werden kann. In Europa wird Swift Fuels durch die deutsche GmbH mit Sitz in Saarbrücken vertreten, geleitet von dem Chemiker und Piloten Dr. Thomas Albuzat. Der Vertrieb in Europa wird von Bollinger Aviation übernommen, einem Unternehmen mit Sitz in Egelsbach und Oberursel.
Herausforderungen für die Zukunft der Luftfahrtkraftstoffe
Die Einführung bleifreier Alternativen wie Swift 100R wird immer dringlicher, da die Zukunft des verbleiten Avgas in der EU zunehmend in Frage steht. Bereits im April 2022 hat die EU-Kommission eine Änderung der REACH-Verordnung angekündigt, die den Umgang mit gefährlichen Chemikalien regelt. Ein zentrales Thema dieser Verordnung ist das Verbot von Tetraethylblei (TEL), einem der Hauptbestandteile des verbleiten Avgas. Dieses Verbot soll ab dem 1. Mai 2025 in Kraft treten, was die Produktion von Avgas 100LL in der EU dann illegal machen würde.
Während einige Hersteller von Avgas Ausnahmeregelungen beantragt haben, ist noch unklar, ob diese von der EU genehmigt werden. Damit sieht sich die allgemeine Luftfahrt in Europa einer ungewissen Zukunft gegenüber, wenn es um die Verfügbarkeit von Kraftstoffen geht.
Ein weiteres Problem, das Bollinger Aviation betont, betrifft die EU-Verordnung 1907/2006, die den privaten Nutzern von Flugkraftstoffen zusätzliche Hürden auferlegt. Neben dem Verbot von Blei ist auch der Einsatz von Cumol, einem weiteren chemischen Stoff, der in einigen Flugkraftstoffen enthalten ist, von der Regulierung betroffen. Die Einführung von Swift 100R könnte diese Probleme lösen und eine umweltfreundlichere, sichere und langfristige Option für die allgemeine Luftfahrt bieten.
Fazit: Ein Weg in eine bleifreie Zukunft
Die Zulassung von Swift 100R für die Cessna 172 R und S durch die FAA markiert einen entscheidenden Schritt hin zu einer umweltfreundlicheren und nachhaltigeren Luftfahrt. Während bleifreie Kraftstoffe zunehmend an Bedeutung gewinnen und die Nutzung von Avgas 100LL bald eingeschränkt wird, bietet Swift 100R eine praxistaugliche Alternative für Piloten und Flugzeughalter. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie schnell sich diese und andere bleifreie Kraftstoffe auch in Europa durchsetzen werden und welche regulatorischen Hürden noch genommen werden müssen. Klar ist: Der Übergang zu bleifreien Alternativen ist nicht nur ökologisch notwendig, sondern auch unausweichlich, um die allgemeine Luftfahrt in die Zukunft zu führen.
Quellverweise:
Aerokurier